Experten auf jedem Posten: Die irre Logistik einer Sterneküche

50 Euro oder mehr für ein Gericht zu bezahlen, kann einen Gast beim ersten Besuch im Sternelokal durchaus befremden. Besonders dann, wenn auf dem  Teller eine mit Pipette und Pinzette angerichtete Genusslandschaft serviert wird, die nicht dem Prädikat „Sattmacher „entspricht. 50 Euro für was? –  fragt sich da der Laie und man möchte ihn standepete bei der Hand nehmen und hineinschubsen, in das Ökosystem einer gehobenen Küche. Leider sieht man viel zu selten, was dort passiert. Es fehlt immer wieder das Verständnis und die Wertschätzung für diese mächtige Maschinerie.

Da steht nicht ein Koch, der mit einer Truppe von Helfern den Laden schmeißt – nein, da stehen 10 Köche.  Alle ausgebildet, jeder mit dezidiertem Wissen über Lebensmittel, Garprozesse, Ästhetik.

Da stapeln sich keine Töpfe, da summt keine Mikrowelle, da steht kein Kühlschrank in der Ecke. Eine gehobene Küche glänzt im Edelstahl-Gewand. Ausgestattet mit futuristisch anmutenden Großküchen-Geräten (gibt’s zum Beispiel auf gastrotiger.de) erinnert sie eher an ein Labor.

Da herrscht kein kreatives Chaos, wo jeder überall mitmischt wie zu Hause beim Weihnachtsessen. Nein, in einer gut organisierten Sterneküche arbeitet jeder Posten in seiner ganz eigenen Welt, die sich auf einen genauestens abgesteckten Bereich beschränkt. Diese sehr spezifischen Posten gewährleisten, dass jeder Komponente eines Gerichts die volle Aufmerksamkeit eines Experten zuteil wird – und dass ein Gericht beim zweiten Besuch nicht vollkommen anders schmeckt. Blumige, französische Namen tragen die Männer und Frauen der Küchenbrigade. Eine kleine Namenskunde.

Chef de Cuisine

Mit seinem Namen schmückt sich das Restaurant. Wenn es gar einen Michelin-Stern einheimst, darf sich der Chef de Cuisine als Sternekoch damit schmücken. Mit seiner Position verbunden ist ein Extremmaß an Verantwortung. Warenkalkulation und Einkauf, Organisation und Besetzung der Küchenposten und nicht zuletzt oftmals das Kontrollieren der Teller, bevor sie die Küche verlassen. Er oder sie ist das Aushängeschild eines Restaurants. Oft lässt der Glanz des Chefs die Maschine im Hintergrund in gefühlter Irrelevanz verblassen – völlig zu unrecht.

Sous-Chef

Wird meist von jungen, aufstrebenden Spitzenköchen besetzt, denen der Sprung an die Spitze eines Restaurants kurz bevor steht. Der Posten ist dem Chef de Cuisine direkt unterstellt und vertritt ihn bei dessen Abwesenheit. Der Sous-Chef übernimmt adiministrative Aufgaben und/oder wichtige Posten und bildet das Bindeglied zwischen der Brigade und dem Mann im Rampenlicht.

Saucier

Innherhalb der Brigade kochender Posten nimmt der Saucier in der Regel die höchste Stellung ein. In kleinen Brigaden ohne Sous-Chef kommt ihm die Vertretung des Küchenchefs zu. Seine Kernkompetenz liegt in der Zubereitung von Saucen, Fonds, Schmorgerichten oder Eintöpfen. Seine Position innerhalb der Restaurant-Hackordnung untermauert die oft unterschätze Rolle von Saucen und Basis-Fonds in einer guten Küche.

Gardemanger

Der Mann der kalten Küche. Er bereitet Salate, Garnituren, Pasteten oder Terrinen zu. In den meisten Küchen ist er zudem für alle Vorspeisen zuständig, sofern kein Hors-d’œuvrier zur Brigade gehört.

Entremetier

Wenn’s um Gemüse, Beilagen und Eierspeisen geht, kommt der Entremetier ins Spiel. Sein Part ist vergleichsweise unkreativ, aber immens wichtig. Gerade mit den vermeintlich unwichtigen Sattmachern auf dem Teller kann sich eine gute Küche abheben. In großen Küchen kann die Gemüse-Zubereitung an den Legumier ausgegliedert werden.

Potager

Kocht Suppe, Einlagen und Brühen. Nicht zu verwechseln mit dem Saucier, der in der Hierarchie deutlich weiter oben steht.

Poissionier

Der Fisch-Experte. Die Notwendigkeit und Relevanz seines Postens hängt stark von der Ausrichtung des Restaurants ab. Spielt Fisch eine wichtige Rolle, kann seine Arbeit zum Erfolgsfaktor werden. Er übernimmt alles, was mit Meeresfrüchten im weitesten Sinne zu tun hat.

Patissier

Kreiert Süßspeisen. Der Patissier ist nur bedingt eingebunden in das turbulente Geschehen der Großküche. Meist arbeitet er in einem separaten Bereich, da seine Arbeit viel Fläche und Spezialgeräte erfordert. Desserts, Kuchen und Torten erschafft er in Eigenregie. Seine Ausbildung und sein Können hat in der Spitzengastronomie vergleichsweise wenig Schnittmengen mit den Koch-Posten, weshalb der Patissier seinen eigenen Mikrokosmos innerhalb der Brigade besetzt. In großen Betrieben wird er vom Glacier unterstützt, der sich auf die Herstellung von Eis und Sorbet konzentriert.

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