Die fette alte Kuh – das beste Fleisch der Welt? Ein Erfahrungsbericht

WICHTIG: Insider-Tipps und Artikel zum Thema Fleisch und speziell die fette alte Kuh findest du ab sofort auf unserer neuen Plattform in diesem Artikel über die alte Kuh.

Eine fette alte Kuh lag vor einigen Tagen auf meinem Teller. Besser gesagt ein Teil von ihr. Knapp 60 Euro kostete das kiloschwere Txogitu Strip Loin, das ich von den Genusshandwerkern orderte- und vorneweg: Keinen Cent davon habe ich bereut. Ich hatte viel davon gelesen, hatte bereits die ein oder andere aromatische Vorahnung und war doch völlig ahnungslos, als ich das Steak voller Respekt aus seiner Vakuumhülle befreite. Es verschob meine Fleisch-Dimensionen nachhaltig.

Screenshot: txogitu.com
Screenshot: txogitu.com

Die Geschichte von Txogitxu

Was steckt hinter dem Trend, Fleisch von einer „Omakuh“ als Delikatesse anzubieten? Ist es tatsächlich, wie so oft proklamiert, das beste Fleisch der Welt? Lässt sich die fette alte Kuh überhaupt mit den bisherigen Premium-Marken Wagyu oder Kobe vergleichen?

Hinter dem Label „Txogitxu“ (ausgesprochen „Tschotschitschu“) steckt eine baskische Großmetzgerei, gegründet von Imanol Jaca – der Mann, der oben im Bild sein Fleisch anschmachtet. Seine Betrieb hieß bereits „Txogitxu“, als sich – bis auf ein paar baskische Bauern – noch kein Mensch für das Fleisch der fetten alten Kuh interessierte. Im Baskenland hat es Tradition, Kühe lange Zeit am Leben zu lassen. Das heißt nicht, dass die Tiere in dieser Zeit nicht genutzt werden. Die Kühe geben Milch und werfen jährlich ein Kalb, doch im krassen Gegensatz zum hierzulande geltenden Qualitätsmerkmal „Jungbullen“ schwört man im nördlichsten Zipfel Spaniens auf das Fleisch betagter Mutterkühe. Mehr zu den Hintergründen lest ihr hier.

Als Imanol Jaca vor einigen Jahren begann, dieses Fleisch auch außerhalb seiner Region zu vermarkten, entstand darum ein Hype, der sich höchstens mit dem Trend der „Dry Aged“-Reifung vergleichen lässt. Eine kleine Revolution der Fleisch-Genusswelt bahnte sich an, denn das hohe Alter eines Tiers war bis dato kein Grund, sich auf ein Steak zu freuen. Zäh, fettig, tranig waren Attribute, die man damit in Verbindung brachte. Doch dann erreichten die ersten euphorischen Erfahrungsberichte Blogs und Feinschmecker-Magazine.

Fette Alte Kuh2

Wie schmeckt das Fleisch der fetten alten Kuh

Die Aussagen ähnelten sich: Ein Geruch nach Heu, Sahne, Buttermilch. Ein dicker Rand aus schmelzendem Fett. Ein intensiv nussiger Geschmack voll Butter-Aromen. Umami-Fleisch. Es war die Geburtsstunde einer Delikatesse. Denn: Wenn etwas so Altvertrautes wie Rindfleisch plötzlich vollkommen neuartig schmeckt, dann ist das nicht weniger als eine kulinarische Sensation. Die Tatsache, dass die fette alte Kuh auch noch das moralisch einwandfreie Gegenstück zur ausgelaugten Turbokuh abgibt, trug seinen Teil dazu bei. Doch Vorsicht.

Allzu schnell verfällt man beim Gedanken an die Oma-Kuh in romantisch-kulinarische Tagträumereien. Unweigerlich entsteht ein Bild – von der betagten Kuh, auf einer Weide im Baskenland, wie sie geradezu danach lechzt, endlich ihr langes Leben beenden zu dürfen, um trockengreift als rare Delikatesse in einem kleinen baskischen Traditionsbetrieb weiterzuleben. Ganz so einfach ist es allerdings nicht.

Woher stammen die alten Kühe wirklich?

Txogitu ist kein kleines Unternehmen (mehr) und das Bekenntnis zur Regionalität kennt auch dort seine Grenzen. Imanol Jaca importiert alte Kühe aus anderen Regionen Spaniens, aus Portugal, Deutschland und Polen, um sie unter seinem Label zu verkaufen. Die Bedingungen sind jedoch streng: Es müssen Kühe sein, die mindestens 16 Jahre auf einer Hochlandweide standen und somit Fleisch von höchster Qualität garantieren. Wer also fette alte Kuh kauft, bekommt genau das. Man darf nur nicht erwarten, dass tatsächlich eine baskische Kuh auf dem Teller liegt.

Auch die legendären Kobe-Rinder, die aus Japan stammen, kommen dort in den Genuss einer längeren Lebenszeit. An die feinadrige Marmorierung eines Kobe-Rinds kommt eine „normale“ fette alte Kuh allerdings nicht heran. Auch nicht an dessen unfassbar zarte Konsistenz. Die Vorzüge der fetten alten Kuh: Sie ist in der Regel noch einmal deutlich älter und bringt dadurch noch mehr vom einzigartig neuen Geschmack mit. Zweitens – der Preis. Der liegt deutlich unter den absurden Summen, die für Kobe-Rindfleisch abgerufen werden.

Fette alte Kuh

Die fette alte Kuh im Test

Ich versuchte, der fetten alten Kuh möglichst unvoreingenommen zu begegnen, doch beim Öffnen der Vakuumverpackung waren plözlich all die blumigen Beschreibungen, die ich vorab gelesen hatten, wieder da. Das war auch gut so, denn im ersten Moment schlug mir ein überwältigender Geruch entgegen, den ich ohne semantische Hilfestellung nicht in mein bisheriges Fleisch-Muster einordnen hätte können. Ein intensiver Geruch, jedoch kein Gestank. Keine säuerliche Note. Sahne war die erste Assoziation von meiner Seite. Spannend war die Aussage meiner Freundin, die den Duft als „wie im Löwenkäfig“ bezeichnete.

Damit lag sie – wenn auch etwas ungewöhnlich ausgedrückt – sehr nah an dem, was ich auch roch. Heu, Sahne, Fleisch – und das in einer ungewohnt heftigen Intensität. Bald duftete die gesamte Küche nach dem Txogitxu-Steak. Um wirklich keinen Zentimeter Qualität zu verschenken, entschloss ich mich, die fette alte Kuh Sous-vide zu garen und anschließend in meiner Eisenpfanne scharf anzubraten. Ein Grill wäre dem guten Stück angemessener gewesen. Leider war das an diesem Tag nicht möglich.

Fette alte Kuh für Einsteiger

Der extrem intensive Geschmack und Geruch von 17 Jahre alten Kühen, wie bei Txogitxu, ist nicht für jeden gleichermaßen angenehm. Eine Möglichkeit, sich langsam an den mitunter schon ranzig anmutenden Geschmack heranzutasten, ist Fleisch von Kühen, die etwas jünger sind. Mit jünger meine ich 8-12 Jahre, was noch immer meilenweit von dem entfernt ist, was bei uns im Discounter angeboten wird. Der Ludwig bietet in seinem Online Shop „Grand Mu“ an, das ist Fleisch von eben jenen Kühen, die etwa 10 Jahre alt geworden sind. Das mittlerweile dunkle Fleisch hat viel Aroma gewonnen und intramuskuläres Fett aufgebaut. Wir hatten Grand Mu an Weihnachten 2016 und waren begeistert. Selbst die Fleisch-Laien am Tisch waren fasziniert aber in keinster Weise irritiert. Für mich ist die Grand Mu daher der ideale Einstieg in die Welt des Fleisches alter Kühe.

Fette alte Kuh fertig

Das beste Fleisch der Welt?

Rückblickend muss ich sagen: Der wirklich überwältigende Moment ist der, des ersten Nasenkontakts. In diesem Moment öffnete sich bei mir eine neue Schublade im Spektrum der Fleischaromen. Der Geschmack knüpft exakt daran an. Die Intensität und die vollkommen neuartigen Nuancen im Fleisch (die eigentlich zu stark sind, um noch als „Nuancen“ durchzugehen) sind absolut beeindruckend. Die Konsistenz des Roastbeefs schwankte leider zwischen butterzart und knorpelig. Einige Stücke konnten wir nicht essen, doch die zarten waren mein persönliches Geschmackserlebnis der vergangenen zwei Jahre. Ähnlich beim Fett: Einige sehr zähe, sehnige Teile. Der Teil, den man so buttergelb oben links im Bild sehen kann, schmolz jedoch im Mund und brachte alle Geschmacksknospen zum Schreien – sogar ohne jegliche Zusatz-Würze.

Ist es nun das beste Fleisch der Welt? Ja und nein. In der Dimension „intensiver Geschmack“ stellt die fette alte Kuh für mich seither den Maßstab dar. Auch Kobe-Rind kommt da nicht ran, auch wenn letzteres den Maßstab in Sachen Konsistenz stezt. Es ist ein extrem hochwertiges Produkt, das mir eine vollkommen neue Geschmackswelt eröffnete. Mein Fazit: Wer sich vor horrenden Summen für Kobe-Fleisch scheut, steigt mit der fetten alten Kuh deutlich günstiger ein – in eine Fleisch-Welt, weit abseits der ausgetretenen Rindfleisch-Pfade.

Bestellen kann man die fette alte Kuh bei Der Ludwig oder bei den Genusshandwerkern.

Wie man das perfekte Steak brät, lest ihr hier.

 


Wenn euch der Artkel gefällt, folgt uns doch auf unserer Facebook-Fanpage oder unserem Instagram Account – Wir würden uns freuen. Und damit ihr regelmässig über neue oder saisonale Rezepte informiert werdet, tragt euch doch unten in unser Newsletter ein!

Hier zum Newsletter eintragen

0 0 votes
Leser Wertung
Abonnieren
Benachrichtige mich bei

21 Kommentare
Oldest
Newest
Inline Feedbacks
View all comments
Jan Hollendung
8 Jahre zuvor

Immer an sehr gutem fleisch interessiert, da ich Küchenchef bin und gerne meinen Horizont erweitere!
Gruß Jan!

Michael
Reply to  Jan Hollendung
4 Jahre zuvor

Guten Tag,
Habe eine alte kuh 21 jahre Galloway Bio .
Haben sie interesse ?
M.f.g
Edtmeier Biohof

Denny Fischer
8 Jahre zuvor

Schön beschrieben. Die „fette Alte“ ist wirklich unglaublich in Geruch und Geschmack. Sollte man probiert haben, auch wenn die wechselnde Konsistenz sicher auch gewöhnungsbedürftig für einige Esser ist.

frankie
8 Jahre zuvor

David „Nasenbär“.

„Das war auch gut so, denn im ersten Moment schlug mir ein überwältigender Geruch entgegen, den ich ohne semantische Hilfestellung nicht in mein bisheriges Fleisch-Muster einordnen hätte können. Ein intensiver Geruch, jedoch kein Gestank.“

„Rückblickend muss ich sagen: Der wirklich überwältigende Moment ist der, des ersten Nasenkontakts. In diesem Moment öffnete sich bei mir eine neue Schublade im Spektrum der Fleischaromen.“

Wer beim Kochen oder Essen durch die Nase atmet und über einen guten Geruchsinn verfügt, der braucht seine Zunge nur noch zum testen ob’s versalzen ist.

Es gibt nichts schöneres als leckere Aromen in der Nase zu haben. Auch wenn es heute „nur“ geröstete Sesamkörner sind.

Uwe Dering
7 Jahre zuvor

Ganz erlich,
ich liebe gutes Rindleisch generel gutes Fleisch,würde das von euch auch mal liebend gern ausprobieren,
aber das 5. Foto sieht beim besten Willen nicht mehr lecker aus.
Sorry,da müsst ihr was dran machen!
Lg Uwe

Uwe Dering
7 Jahre zuvor

Wie schon beim ersen Kommentar
LG

Markus Wetz
Reply to  Uwe Dering
5 Jahre zuvor

Ich dachte auch immer das Auge isst mit. Aber in machen Fällen muss man wohl die Augen zu machen. Obwohl ich sagen muss das ich vom Land komme und wir so 30 Jahre zurück noch unsere Sau und und ein Rind beim Bauern im Dorf geschlachtet haben. Da habe ich auch immer schön mitgewurschtelt. Da wäre natürlich manches gewöhnungsbedürftig für die Allgemeinheit. Aber es war immer ein schönes Erlebnis wenn es dann die frische Hausmacher Wurst und das Wellfleisch aus dem Kessel gab. Das kann sich keiner vorstellen! Unglaublich auch die Gemeinschaft. Ich bin wirklich froh das ich solche Sachen noch erleben durfte. Gruß

Josep
7 Jahre zuvor

Nein, es wird nicht Tschotschitschu ausgesprochen, sondern Tschogitschu!

Hubertus
7 Jahre zuvor

Hallo in die Runde.
Spätestens nach diesem Bericht weiß ich warum mein Metzger meine alte Kuh (13 Jahre und Silofreie Fütterung) in 2 Jahren unbedingt haben will.
Leider gibt es noch immer zu wenige die auch gutes Geld für Qualität ausgeben wollen/können.
Meine Tiere stehen von Juni bis Oktober auf über 2000m und grasen beste Almgräser und im Winter gibt es dann Heu.
Freue mich auf weitere Beiträge zu diesem Thema.

Grüße aus Südtirol

Hubertus Steinmair
Reply to  David Seitz
7 Jahre zuvor

Hallo David, Du bist herzlich willkommen auf der Ascht Alm im wunderschönen Gsiesertal. (Webcam Ascht-Alm Gsiesertal),. Bitte vorher anmelden damit ich ja vor Ort bin. Freu mich immer auf Besuch.

Gerd Lorenzen
6 Jahre zuvor

Da bin ich ja mal gespannt. Habe gerade eine 16 Jahre alte Highlandkuh geschlachtet. 16 Jahre das ganze Jahr draußen.
Von Txogitxu hab ich erst heute gehört.
Wir schlachten jedes Jahr einen Ochsen aus der Herde,das ist auch schon super Fleisch.
Na,mal sehen wie`s wird

Peter Hell
6 Jahre zuvor

Ich hab mir das Fleisch aufschwatzen lassen- erwartet habe ich mir nicht viel. Ich hab’s auf ein Zeltwochenende mitgenommen und auf den Griller geschmissen. Fazit: meine Erwartungen wurden mehr als übertroffen. Wirklich ein unvergleichlicher, guter Geschmack.

Daniel
6 Jahre zuvor

Ich werde es mir mal nächste Woch bestellen und ausprobieren. Ist Sous-Vide überhaupt notwendig?

Markus Wetz
5 Jahre zuvor

Hallo David,
wie ist es bezüglich eines alten Simmenthaler Rindes?
„Rumpsteak | OMA-Kuh 300g
> 23,90 €
(Grundpreis 79,67 €/kg)
Inkl. 7% MwSt., zzgl. Versand

Deutsches Simmentaler Rind (Oma-Kuh)
Rumpsteak von der Alten fetten Kuh
Dry Aged Beef – vier bis zwölf Wochen am Knochen gereift
Aus Ludwigs Carnothek
Besonders ausgeprägter Fleischgeschmack – für Liebhaber

*Gewicht
300 g “

Liebe Grüße
Markus

Susanne
5 Jahre zuvor

Hallo und erst mal Dankeschön für diesen Artikel, der – zusammen mit einigen anderen – daran schuld war, daß wir – mein Mann und ich – uns einig waren: Wir fahren nach San Sebastian und essen fette alte Kuh.

Genau das haben wir vor einigen Tagen gemacht. Unsere Wahl fiel vor Ort auf das „Gandarias“, wo wir ein Txuleton für zwei „as rare as possible“ (der Kellner, der uns auf den ersten Blick als Deutsche identifizierte, hatte bereits das Wort „medium“ gemurmelt – das mußte umgehend und entschieden korrigiert werden) orderten.

Uns wurde ein wunderschön marmoriertes etwa 10 cm hochgeschnittenes Prachtstück mit cremig-gelbem Fett präsentiert, das entspannte 890 Gramm wog und das wir wenig später perfekt gegrillt wiedersahen. Als „Beilage“ ein Schälchen Flor de Sal und eine Pfeffermühle. Und grobe frittierte Kartoffelschnitze.

In der Tat: Eine Art Erweckungserlebnis in Sachen erstklassigen Rindfleischs und auf der Stelle suchterzeugend.

Vielen Dank nochmal.

Sylvia Schumacher
3 Jahre zuvor

Hallo, ich habe bei Don Carne ein 3 Kilo Filet Gallego Txogitxu bestellt. (davon soll 2Kilo am 24.12.20 verkostet werden)
Nun meine Fragen:
Darf man das edle Filet wie allgemein Rinderfilet behandeln?
Grill und dann im Ofen auf Kerntemperatur
oder: Sous Vide 54° 4Std dann Grillen

Vielen Dank im voraus
Sylvia

Ayhan Bildik
2 Jahre zuvor

Ich hab mir gerade auf Basis eures Berichtes bei Der Ludwig den ganzen Rücken von der Fetten Alten Kuh bestellt. Letzten Mittwoch wurde geliefert, an und für sich ein schönes Stück Simmentaler. Allerdings hat das Tier ein Schlachtalter von 4 Jahren, was selbst nach den Angaben von Der Ludwig de facto keine Fette Alte Kuh sein kann. Meine Reklamation prallt bisher ab, wie an Teflon, man ist sich vor Ort keines Fehlers bewußt. Für 1.200 € hätte ich wirklich mehr erwartet, als ein „ist halt so“ und null Eingeständnis, etwas falsch gemacht zu haben. Und wenn es Absicht war, ist es noch schlimmer.