La Brasserie in München: Da steckt Liebe drin

Update: Das Restaurant hat mittlerweile geschlossen.

Menschen, die über sich sagen, sie bräuchten Bestätigung, sind mir grundsätzlich suspekt. Stefan Bayerle – Inhaber der Brasserie am Nymphenburger Schloss – spricht bei unserem Besuch in seinem französisch-mediterranen Restaurant exakt diesen Satz aus und ich find’s sympathisch. Warum? Bei ihm klingt das wie: „Ich muss sehen, wie die Menschen hier glücklich rausgehen.“ Diese Art von Bestätigungssuche zeichnet einen passionierten Gastronomen aus. Und die Leidenschaft spürt man in der Brasserie zu jeder Sekunde. In jedem Gericht. In jedem Gesicht.

La Brasserie: Französisch mit meditteranem Einschlag

Die Gasträume der Brasserie tragen Geschichte in sich. Das denkmalgeschützte Haus in der Hirschgartenallee beherbergte einst eine urige deutsche Kneipe, bevor sich ein französisches Lokal darin niederließ. Jetzt wird die Brasserie zwar nicht mehr von einem Franzosen geführt, doch Stefan Bayerle lebt das weiter, was sein Vorgänger dort etabliert hat, auf begeisternde Art und Weise. Die Holzvertäfelung an den Wänden, eine Reminiszenz an die Geschichte der Räumlichkeiten, blieb erhalten. Die Einrichtung ist schlicht und edel und rückt in den Fokus, was in den Fokus gehört: Die Gerichte auf der Karte.

Wir starten mit einem üppigen Amuse, einer Räucherlachsroulade mit Sesam und Portwein-Ratatouille. Das Urteil zu diesem Zeitpunkt: Fein! Rückblickend aber das Unspekatukärste dieses Abends. Wer sich – wie wir – gegen das Abendmenü (49 Euro) und das Surprise-Menü (65 Euro) entscheidet, sollte einen Hang zur Entscheidungsfreude mitbringen. Zu verlockend klingen speziell die Hauptgänge, sodass wir uns sogar noch zu einem Zwischengang hinreißen lassen, nur um wirklich alle Favoriten probieren zu können.

Jakobsmuscheln mit Bärlauchbutter

Unsere Vorspeisen: Schnecken in Kräuterbutter und Jakobsmuscheln an Estragon-Sauce. Die Kräuterbutter für die Schnecken entsteht täglich frisch nach fein ausgetüfteltem Rezept, das auch saisonale Einflüsse berücksichtigt. An diesem Tag schmeckt die Schneckenbutter dezent nach Bärlauch, die Reste der flüssigen Butter tunke ich bis aufs letzte Tröpfchen mit Brot auf.

Trüffelnudeln auf die beste Art und Weise

Dann bereits mein Highlight des Abends: Linguine mit Trüffelbutter – und wie! Zu oft habe ich dieses Gericht zu trocken, zu uninspiriert gegessen. Siehe da, es ist mehr möglich als die immerselbe Rezeptur Nudeln, Butter, Trüffel und Parmesan. Die Trüffelnudeln in der Brasserie sind – und das meine ich genau so – eine Sensation. Stefan Bayerle verrät uns auf Nachfrage das Geheimnis und dann wird verständlich, warum unsere Geschmacksnerven gerade jauchzen: Die Nudeln werden zunächst in Salzwasser gekocht, im hausgemachten Fond gar geschwenkt und  dann mit Schnittlauch, kleinen Spinat-Zupfern und – jetzt kommts – ein paar Stückchen getrockneter Tomaten aromatisiert. Diese breite Geschmacksbasis tut dem Trüffel unheimlich gut. Diese Trüffelnudeln sind saftig, vollmundig, al dente und den Trüffel schmeckt man auch noch durch. Auch wenn’s vielleicht nicht die Trüffel-Linguine aus dem Standardwerk sind: Es sind die besten, die ich bislang gegessen habe. Gerade weil man sich diese Neu-Interpretation zutraut.

Liebe zum Detail im Hauptgang

Es folgen die Fleisch-Gänge und das Niveau wird gehalten – was nach den Trüffelnudeln bemerkenswert ist. Ein außergewöhnlich zartes Rinderfilet, auf dem heißen Stein serviert. Die Garnele, die dem Gang den Namen „Surf&Turf“ verleiht, hätte es da gar nicht gebraucht. Auf meiner Seite des Tisches: Ein Salzwiesenlamm aus Neuseeland, das zwar nicht regional aber unglaublich lecker ist. Ideal gebraten, selbst ohne Würze würzig und mit schaumiger Sauce Bernaise, die ich kurzerhand gegen die eigentliche Beilage (Portwein-Ratatouille) getauscht habe. Handwerklich toll, ohne Schnörkel, ehrlich. Eine Reihe von Details werten die Hauptgänge auf: Die drei Dips , die zum Filet gereicht werden, (Wasabi-Limone, Wildkräuter und Béchamel) schmeckten allesamt gleichwertig gut. Der Beilagensalat ist mit spannendem Dressing, Cashewkernen, Himbeeren, Karottenraspeln und verschiedenen Blattsalaten kein Beilagensalat mehr, sondern ein kleines Highlight für sich. Und das Grillgemüse, auf das mein Lamm gebettet ist, besteht zum Großteil aus gegrilltem Spargel, was ich toll finde.

Die große Dessertparade

Zum Dessert fährt Stefan Bayerle dann seine komplette Bandbreite an süßen Kreationen auf und stellt uns kurzerhand sieben Schälchen aus der Patisserie vor die Nase. Choco-Lava-Cake, Eis, Erdbeergratin, Tarte au Citron, Joghurt-Creme-Brulée, Nougat-Mousse, weiße Schoko-Mousse. Obwohl er uns schon beim Servieren den Druck nimmt, alles aufessen zu müssen – „kann man nicht schaffen“ – schaffen wir ganz schön viel, zu viel, aber jedes Dessert für sich lässt uns noch einmal lächeln. Das Erdbeergratin am allermeisten, mit zartschmelzend gestocktem Ei und kompottigen Erdbeeren, eine Wucht.

Wir verlassen die Brasserie mit einem rundum guten Gefühl. Ein so rundes Gefühl zu erzeugen, ist eine Leistung, die nur durch Liebe zum Detail möglich wird. Es sind die eben erwähnten Kleinigkeiten in jedem Gericht. Es ist die ungezwungene Atmosphäre, die Stefan Bayerle ganz bewusst so inszeniert. Es ist unser aufmerksamer Kellner Milos, der die vier Eigenschaften freundlich, kompetent, zurückhaltend und zuvorkommend in souveränster Manier vereint. Selten konnte ich eine Empfehlung derart guten Gewissens aussprechen. Geht da hin! Es lohnt sich.

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