Bratwurst, Schweinenackensteak und Bauchspeck waren gestern: 2016 glühen die Kohlen für innovative Grill-Ideen. Innovativ heißt in diesem Fall allerdings nicht gänzlich neu. Im Zuge der Nose-to-Tail Bewegung besinnen sich immer mehr Feinschmecker auf Teile des Tiers, die vor Jahrzehnten bis Jahrhunderten schon genutzt wurden, dann aber in Vergessenheit gerieten. Schwer zugänglich, klein, nicht dem ästhetischen Ideal entsprechend wurden sie irgendwann aus gehobenen Speiseplänen verbannt. Doch nun: Die Renaissance der verloren geglaubten Leckerbissen aus der Tiefe des Rinds. Heute will ich euch das Skirt-Steak vorstellen. Ein Stück Fleisch, über das bei meiner letzten Verkostung Dinge gesagt wurden wie: „Dafür lass ich jedes Filet liegen.“
Das Skirt, im deutschen Sprachraum auch „Saumfleisch“ genannt, ist nichts anderes als das Zwerchfell des Rindes. Ein langer Muskel, der im Laufe des Lebens eines gesunden Rinds stark beansprucht wird. Grobfaserig, im Optimalfall stark marmoriert. Unbekannt ist dieses Stück in gutbürgerlichen deutschen Küchen nicht. Als Kronfleisch landete es bislang meist in einer Brühe, als Kochfleisch langsam vor sich hin simmernd. Zart, rosa oder saftig war es am Ende des Tages freilich nicht mehr. Mit Meerrettich, Senf, Zwiebeln oder Essiggurken verkörperte das Skirt unter anderem Namen lange Zeit deutsche Deftigkeit ohne große kulinarische Ansprüche. Nun allerdings wendet sich das Blatt Skirt.
Skirt vom US-Beef macht den Unterschied
„Das Zwerchfell von deutschen Rindern ist meist zu zäh, um daraus ein zartes Grillsteak zu machen,“ sagt Fleisch-Experte Dirk Ludwig. Das erklärt wohl, warum das Skirt in Deutschland nicht zum Kurzbraten genutzt wurde. Das deutlich fetthaltigere Fleisch von US-Rindern ändert die Ausgangslage: Ein Zwerchfell vom US-Beef eignet sich vorzüglich, um mit starker Hitze gebraten und mit nahezu rohem Kern serviert zu werden, sagt der Experte. Die starke Marmorierung ändert die Beschaffenheit des Fleischs so stark, dass das importierte Skirt mittlerweile zum Standard-Repertoire seiner Grill-Palette im Online-Shop gehört.
Skirt-Steak zum Grillen – aus den USA nach Deutschland
Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass der Grill-Trend „Skirt“ erst aus den USA nach Deutschland schwappen musste: Von seinem biederen Namen befreit, grillen seit vergangenem Jahr auch die ersten Deutschen ihr „Skirt-Steak“ und geben sich als Vorreiter des BBQ 2.0. Auch wir haben ein Skirt gegrillt, die Reaktionen waren euphorisch. Angekündigt mit: „Jetzt gibt es Zwerchfell vom Rind,“ lag die Erwartungshaltung nicht sehr hoch. Geschmack und Konsistenz des Skirt überraschten dann allerdings alle – inklusive mich. Selten habe ich ein so zartes Stück Fleisch gegessen, das so intensiv aromatisch nach Rindfleisch schmeckt. Die perfekte Kombination aus der Zartheit eines Filets und dem kernigen Geschmack eines Entrecotes, ohne dessen Fettaugen. Für mich ist das Skirt DIE Grill-Entdeckung dieses Jahres! Toller Nebeneffekt: Das Skirt ist deutlich günstiger als ein Filet!
Wichtig; Wer ein Skirt zubereitet, muss zunächst die dicken Fett-Partien abtrennen. Übrig bleibt ein sehr dünnes und langes Stück Fleisch, dass von jeder Seite maximal drei Minuten direkte Grill-Hitze braucht, um kross und medium-rare auf dem Teller zu landen. Es hilft, das Skirt in zwei Teile zu trennen, dann lässt es sich auf dem Grill besser platzieren. Wer ganz viel Zeit und Muse hat, kann das Skirt auch bei 56 Grad eine Stunde Sous-vide garen und anschließend nur noch 30 Sekunden von jeder Seite arosieren. So haben wir es gemacht und das Ergebnis sprach für sich.