Auf Geheimtippjagd durch den Westen Österreichs: Acht Bib Gourmand Restaurants im Check

Österreich übt als Kulinarik-Destination eine starke Anziehungskraft auf mich aus – schon seit einigen Jahren. Mit den Eindrücken der letzten Monate und längeren Aufenthalten in der Steiermark und im Salzburger Lungau hat das Bedürfnis, noch tiefer einzutauchen, erneut zugenommen. Eine Pressereise Anfang des Jahres brachte mich an einige Sehnsuchtsorte der gehobenen Küche. Mitte des Jahres bot sich nun die Möglichkeit, acht österreichische Restaurants zu besuchen, die vom Guide Michelin mit einem Bib Gourmand ausgezeichnet worden sind – also quasi die Liga unterhalb der Sterneküche.

Bib Gourmand: Garant für hohe Geheimtippdichte

Der Bib Gourmand zeichnet Restaurants aus, die für ein besonders gutes Preis-Leistungs-Verhältnis stehen. Das können einfache Wirtshäuser, Bistros, Weinbars oder klassische Restaurants sein – die Bandbreite der ausgezeichneten Orte ist enorm. Der Bib Gourmand folgt weniger strengen Bewertungskriterien als die Sterne und ist daher eher als Tipp zu verstehen, der das Risiko eines kulinarischen Fehlgriffs deutlich senkt. Die Mission, acht Restaurants dieser Güteklasse zu besuchen, fühlte sich deshalb im besten Sinne an wie die Jagd nach echten Geheimtipps. Nicht alle erfüllten ihr rot plakettiertes Versprechen voll.

Ich werde euch in diesem Artikel von allen acht Restaurants berichten und einordnen, was mich besonders begeistert hat – und für wen ein Besuch lohnenswert sein könnte. Denn nicht alle Konzepte sind gleichermaßen für jeden Anspruch geeignet. Die von meinem Auftraggeber Österreich Werbung getroffene Auswahl der Betriebe spiegelt sehr gut die Diversität und Heterogenität der Konzepte wider – und die unterschiedlichen, individuellen Qualitäten, die sich in diesem Segment finden lassen. Sprich: Diese Orte liefen bereits durch zwei Filter – den des Guide Michelin und den der Kolleg:innen der Österreich Werbung. Ich berichte euch, wie ich die Erlebnisse empfand.

Besuchte Betriebe in Tirol

S’Morent, Zöblen im Tannheimer Tal

Im s’Morent kocht die Familie Morent seit Jahrzehnten eine Küche, die sich vom klassischen gutbürgerlichen Angebot im Tannheimer Tal abhebt. Im vergangenen Jahr hat Tochter Lisa mit 18 Jahren die Küche übernommen – und sie drückt ihr sehr kompromisslos ihren Stempel auf. „Ich möchte, dass unsere Gäste zu uns kommen, gerade weil es nicht die Wirtshaus-Klassiker gibt“, sagt sie. Den Karpfen fängt ihr Freund (und Co-Küchenchef) selbst im Allgäu, das Reh kommt aus befreundeter Jagd, und das Brot backt der Papa als passionierter Sauerteigbäcker jeden Tag selbst. Der hohe Anspruch an regional bezogene Produkte (Ziel: 5 km Radius) und Lisas zupackende Art, die lokalen Schätze angemessen zu veredeln, hat dem s’Morent 2025 einen Grünen Stern des Guide Michelin eingebracht.

Highlights: Lisas Wild-Salsiccia, das Lamm-Carpaccio mit Quitte und die intensive Lamm-Consommé mit Frittaten
Für wen? Fans kompromisslos regionaler Küche, die bereit sind, sich auf Gerichte einzulassen, die man so selten auf Speisekarten sieht.

Secco Bistro, Hall in Tirol

Das Secco ist das Bistro des Schwarzen Adlers, der jüngst vom Guide Michelin mit zwei Sternen ausgezeichnet wurde. Johannes Dunsing und seine Frau Lilit sind aus London in Johannes’ Heimatort Hall in Tirol zurückgekehrt – mit dem Anspruch, auf Londoner Drei-Sterne-Niveau weiterzukochen. Weil den beiden aber nicht nur besternte Spitzenküche Spaß macht, haben sie kurzerhand den Nebenraum dazugepachtet, um dort Bistro-Küche anzubieten, die höchsten Ansprüchen folgt.

Genau hier wird’s spannend: Man schmeckt die Qualität der Spitzenküche in jedem Bistro-Gang. Natürlich sind die Gerichte weniger komplex und nuanciert – aber genau darum geht’s im Bistro ja auch nicht: Stattdessen spektakuläres Soulfood mit leichtem Zugang, aufs Beste dargeboten. Ideal gewürzt, komplett zu Ende gedacht, formvollendet serviert. Und das zu Preisen, bei denen man sich kurz die Augen reibt und gerne einmal quer durch die Tageskarte isst.

Auf Vorbestellung gibt’s auch Foie-gras-Terrine, Austern oder Entrecôte. Und wer ganz nett fragt, bekommt auch mal ein individuelles Special von Johannes Nuding.

Highlights: Krustentier-Bisque, Tatar mit Kombu, Eton Mess (Gerichte wechseln wöchentlich)
Für wen? Anspruchsvolle Genießer auf der Suche nach einer entspannten Mittagsoption ohne Kompromisse – mit Zugriff auf einen sehr gut sortierten Weinkeller.

Das Pfleger, Anras

Das Hotel Pfleger liegt in Anras an den Hängen des östlichen Pustertals und wird seit 35 Jahren von der Inhaberfamilie Mascher geführt. Das Pfleger ist ein Beispiel dafür, dass nicht nur neue und moderne Konzepte vom Guide Michelin mit einem Bib bedacht werden.

Die Zimmer sind solide und sauber, im Charme der 90er verblieben, das Frühstück gut sortiert mit regionalem Fokus. Die „Genießer-Pension“ wird von Tom Mascher und Michi Rainer bekocht; die Stilistik lässt sich am besten mit mutig-gewagt und experimentell beschreiben. Die sichere Bank sind die Klassiker aus der Standardkarte – im teils wilden Überraschungsmenü muss man tatsächlich auf Überraschungen gefasst sein.

Highlights: Rüben-Sushi mit Schoko-Soja-Reduktion, herzhafte Pistazien-Panna Cotta zum Start des Überraschungsmenüs
Für wen? Das Hotel ist seit jeher ein Magnet für eine Zielgruppe jenseits der 50, auf der Suche nach Ruhe und Einfachheit. Die Küche hingegen geht – zumindest im Überraschungsmenü – in eine völlig andere Richtung. Am besten verschafft man sich selbst einen Eindruck über die Website.

Besuchte Betriebe in Vorarlberg

Biohotel Schwanen, Bizau

Das Biohotel Schwanen liegt am Ende einer Straße, quasi in einer Sackgasse. Die Symbolik passt – denn Ankommen und Nicht-Weiterhasten ist Motivation und Ziel dieses Ortes, der seit fünf Generationen in Familienhand liegt.

Der Gastraum baut eine Brücke zwischen den Zeiten – mit einer urgemütlichen, traditionellen Stube, eingebettet in einen modern und warm renovierten Frühstücks- und Restaurantraum. Entschleunigung wird hier ernst genommen, mit kleinem Spa und Achtsamkeit allenthalben.

Die Karte ist präzise fokussiert auf die Kernwerte des Hauses: gute Produkte, kurze Wege, klarer Geschmack. Drei Stangen Spargel mit perfekt gearbeiteter Hollandaise und sensationellen Kartoffeln machen glücklich – gerade weil’s einfach gut gemacht ist und nicht weiter verkopft wurde. Auch die Käsespätzle aus der Holzreine sind ein Maßstab für dieses Gericht. Man konzentriert sich hier ganz bewusst auf das, was man sein will – und das fühlt sich genau richtig an. Zum Essen. Und zum Schlafen.

Highlights: Kasknöpfle aus der Holzreine, die Kartoffeln als Beilage beim Spargel, das Frühstück
Für wen? Ruhesuchende, Produktfans, Freunde von Schlichtheit und Qualität

Hörnlingen, Rankweil

Dominic Mayer hat nach namhaften Stationen rund um den Globus in Rankweil das historische Haus „Hörnlingen“ gepachtet und ihm ein Konzept verpasst, das man so auch in München finden könnte.

Als Gast wählt man lediglich die Frequenz der Gänge – der Rest bleibt offen, bis die Teller vor einem stehen. Das erfordert etwas Vertrauen in die Küche – das sie aber sehr schnell herstellt. Das Niveau ist hoch, das Handwerk makellos, und drei Gänge stechen aus dem ohnehin starken Gesamteindruck hervor:

Ein außergewöhnlich saftiger Wels mit einem umamibeladenen Speckrisotto und eingelegten Radieschen – grandios! Eine schlichte Portion Linguine mit Ragout auf handwerklichem Spitzenlevel. Und die wolkenhaft cremige Panna Cotta mit Salzkaramell, die hier – so erfahren wir – schon als Signature Dish gilt. Das Geheimnis: wenig Gelatine, und vor dem Servieren nochmal aufgeschlagen. Stimmig, durchdacht, positiv überraschend – das Hörnlingen bleibt auf meinem Radar.

Highlights: Saftiger Wels, tolle Desserts (einfach überraschen lassen)
Für wen? Date Night, Abend mit Freunden, mit denen man über Essen sprechen und sich gemeinsam überraschen lassen möchte

Besuchte Betriebe im Salzburger Land

Ketchup, Seehof Goldegg

„Ketchup“ hat Felix Schellhorn sein à-la-carte-Restaurant im Seehof Goldegg genannt. Denn: „Jeder mag Ketchup – und Ketchup ist der Inbegriff von Umami.“ Klingt schlüssig – und lässt sich gut auf das Erlebte übertragen, obwohl bei Kunst-Aficionado Felix Schellhorn davon auszugehen ist, dass da noch mehr Meta-Ebene dahintersteckt.

Die Küche im Ketchup ist zugänglich, sehr kraftvoll, umami – und bewahrt sich stets etwas Unkonventionelles. Der Spargel kommt knackig fermentiert, mit viel Säure, Sauerrahm-Majo, Fichtenspitzen in Sirup und Croutons. Im Kern ein Spargelsalat mit Crunch – auf Schellhorn-Art.

Die gebratene Leber mit Apfel liegt auf cremigem Bärlauchrisotto und ist durch die Zwiebelnoten des Wildkrauts wunderbar eingebunden. Essen kann man das im modernen Restaurant oder – noch schöner – in der kunstvoll eingerichteten Stube, umgeben von Familiensammelstücken und Kunst. Der Mix aus alt, neu, wild und romantisch ist einzigartig – und lohnt den Besuch schon allein für das Ambiente und gewachsene Gastgebertum.

Highlights: Spargelsalat, Innereien-Gerichte, Dalken
Für wen? Fans gelebter Gastlichkeit, der Verbindung aus Kunst & Kulinarik und ausgereifter, individueller Küche

Restaurant Goldgasse, Salzburg

Die Goldgasse ist der erste Ort, an dem sich Tourist:innen in Salzburg ihre Überdosis Stadtromantik abholen. Mittendrin serviert das gleichnamige Restaurant „barocke Klassiker“ der Stadt – mit dem Anspruch auf authentische Darbietung.

Die intensive Brühe kommt im Kupfertöpchen, die Salzburger Nockerl sind standesgemäß luftig aufgetürmt – doch uns ist an diesem Abend mehr nach etwas Leichtem. Die Lachsforelle – laut Karte aus dem Fuschlsee, vermutlich aber eher aus guter Zucht – wird in Salzkruste am Tisch präsentiert und gekonnt herausgeschält.

Die Portion für 82 Euro (für zwei Personen) hätte auch für drei gereicht – und war gut gegart. Fast noch besser: das begleitende Gemüse, das weit über eine Standard-Garnitur hinausging. Erfreulich, dass hier – trotz perfekter Touristenlage – das Niveau augenscheinlich hochgehalten wird. Ein sehr guter Anlaufpunkt für souverän gekochte Klassik in einem erwartungsgemäß eingespielten Betrieb.

Highlights: Durchweg souveräne, gut gemachte traditionelle Küche
Für welche Gelegenheit? Geschäftsessen, Abendessen mit Besuch aus der Ferne, Spurensuche nach traditionellen Klassikern

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