Seit mein Arbeitspensum in den vergangenen Jahren immer intensivere Züge angenommen hat, gewinnt das Wochenende massiv an Bedeutung. Sagte ich vor fünf Jahren noch Sätze wie: „Als Selbstständiger ist jeder Tag ein bisschen wie Wochenende“, muss ich heute darüber lachen. Wochenende bedeutet: Kein Termindruck, keine Antwort-Erwartung bei Kunden, keine Anrufe, keine Deadlines. So kommt ein Samstagmorgen für sich allein schon lockerleicht daher und will mit Spaß, Genuss und Entspannung gefüllt werden. Und auch wenn diese Einleitung etwas geschwollen daher kommt – es trifft zu: Dieses Avocadobrot in genau dieser „Bauweise“ leitet für mich fast jeden Samstag ein. Es ist das kulinarische Tor zum Wochenende und ein Produkt jahrelanger Evolution. Da steckt wirklich Emotion drin! Lasst es uns also in seiner ganzen Schönheit würdigen und alle Bausteine des Gesamtbrots einzeln betrachten.
Die Basis: Bestes (selbstgemachtes Brot)
Dass nur das beste auffindbare Brot die Basis für dieses Avocadobrot bilden kann ist eh klar. Da mein Samstag routinemäßig mit dem Backen eines am Freitagabend angesetzten Sauerteigbrots (nach diesem Rezept) beginnt, fällt die Wahl hier leicht. Das Avocadobrot gewinnt natürlich nochmal an epischer Größe, wenn man zuvor eine Scheibe vom noch lauwarmen Sauerteigbrot aus eigener Fabrikation abschneidet. Allerdings tut es hier auch jedes andere handwerklich gebackene Sauerteigbrot. Ich rate jedoch davon ab, zur kernige Vollkornbrote zu verwenden, da hier dann die subtilen Aromen des Belags untergehen könnten. Ein richtig gutes Roggen-Sauerteigbrot vom Bäcker des Vertrauens ist eine gute Wahl.
Die Brotscheibe toaste ich nun leicht an, sodass die Kruste richtig fest wird und auch die Scheibe selbst eine dezente Kunsprigkeit entwickelt. Manchmal – wenn das Avocadobrot ganz opulent werden soll – brate ich die Brotscheibe in etwas Butter an, die mit einer Knoblauchzehe (ganz) aromatisiert ist. Welchen Weg ihr auch wählt – Crunch in der Basis tut der Sache gut.
Belag Nummer 1: Frischkäse
Ich habe schon mit Creme Fraiche, Butter, Sauerrahm, Margarine und anderen Basisbelägen experimentiert. Mit schmeckt aber ein vollfetter Frischkäse am besten. Er behält die Stabilität auf einem noch lauwarmen Brot und fließt nicht weg. Außerdem unterstützt er die anderen Zutaten mit seiner sehr milden Säure und dem hohen Fettgehalt ideal. In Ermangelung eines regionalen Frischkäses (Tipps sind willkommen!) wird’s hier der Klassiker aus dem Supermarkt, der auf den Namen einer großen Stadt in Pennsylvania hört. Nehmt aber gerne ein Produkt eines regionalen Erzeugers, wenn ihr das könnt.
Belag Nummer 2: Schnittlauchöl
Schnittlauchöl ist ein Gamechanger und das nicht nur beim Avocadobrot. Es verleiht Suppen, Pürrees und Ofengemüse als Topping eine umami-würzige Zwiebelnote, die in unglaublich vielen kulinarischen Kontexten perfekt harmoniert und Tiefe stiftet. Wer genau hinschaut, findet Schnittlauchöl auch in der Sterneküche an allen Ecken und Enden. Wie ihr das herstellt? Ganz einfach: Schnittlauch und Öl in einem Hochleistungsmixer 10 Minuten lang aufmixen, bis der Schnittlauch in Millionen Partikel zerstäubt wurde und das Öl grasgrün gefärbt ist. Dabei immer wieder Mixpausen einlegen, damit das Öl nicht zu heiß wird. Ich gebe gerne noch etwas Salz und Zucker dazu. Anschließend in eine Flasche abfüllen und im Kühlschrank quasi auf der „Maische“ stehen lassen. Das Öl wird Tag für Tag aromatischer, ist aber ab Sekunde eins einsetzbar. Unser Avocadobrot profitiert extrem von dieser Würz-Zutat.
Belag Nummer 3: Perfekt reife Avocado
Spätestens hier ist es dann leider mit meinem Anspruch an Regionalität vorbei. Avocados aus Deutschland gibt’s meines Wissens nur in Forschungs-Umgebungen wie beispielsweise dem Tropenhaus Klein Eden. Allerdings versuche ich bewusst auf Avocaos aus Südamerika und den USA zu verzichten, um den dort herrschenden Avocadokrieg der Drogenkartelle nicht weiter zu befeuern. Meine Alternative sind Avocados aus Mallorca, die zum Beispiel von Fet a Soller nach Deutschland verschickt werden. Das Tolle an diesen Paketen: Die Avocados kommen in unterschiedlichen Reifegraden, sodass sie erst nach und nach ausreifen und man immer eine perfekt reife Avocado zur Hand hat.
Reif ist ein wichtiges Stichwort: Ihr könnt euer Avocadobrot ruinieren, indem ihr die Früchte unreif anschneidet. Dann sind sie weder cremig noch vollmundig, wie sie sein sollten. Ich mag die Sorte „Hass“ besonders gerne, auch weil sie sich so gut schälen lässt. Das Fruchtfleisch sollte sich leicht eindrücken lassen und die Schale (bei Hass) muss fast gänzlich schwarz gefärbt sein. Wichtig: Unter der Haut sollten keine Hohlräume zu ertasten sein, sonst oxidiert die Frucht und verfärbt sich unschön braun. Habt ihr eine perfekt reife Avocado gefunden, ist das Fruchtfleisch mehr gelb als grün und lässt sich butterweich schneiden. Bereitet etwa 3mm dicke Streifen vor, die ihr später auf den mit Schnittlauchöl beträufelten Frischkäse legt. Die Avocados sollten dann unbedingt leicht gesalzen werden.
Belag Nummer vier: Ein Spiegelei aufs Avocadobrot
Ein Spiegelei perfekt zu garen, ist eine eigene Kunst, die aber zu Erlernen ist. Ich gebe einen Hauch Speiseöl in die Pfanne und gare die Eier bei mittlerer Hitze, bis das Eiweiß gestockt, aber nicht ausgetrocknet ist. Dann ist auch das Eigelb erwärmt, aber nicht gestockt. Um ein gleichmäßiges Garen des Eiweißes zu beschleunigen, könnt ihr den durchsichtigen Ring ums Eigelb salzen – dieser Bereich des Eiweiß gart langsamer. Durch das Salzen verändert sich das Milieu und begünstigt einen schnelleren Garprozess (Quelle: Hervé This Benckhard). Die Eier sollten natürlich von Hühnern aus Freilandhaltung stammen.
Das Topping fürs Avocadobrot
Ich toppe mein Avocadobrot mit Koriander, Frühlingszwiebeln und etwas Sesam. Das bringt einen subtil asiatischen Touch in die Gesamtkomposition und hebt das Avocadobrot von einem „Standard“-Brot ab. Hier kann man sich aber getrost austoben und mit Kernen, Ölen, Saaten, Sprossen, Gemüsen und Gewürzen experimentieren.
Weltbestes Avocadobrot
Zutaten
- 1 Scheibe Sauerteigbrot
- optional: Butter und eine angedrückte Knoblauchzehe
- 1 Avocado Sorte: Hass
- Vollfetter Frischkäse z.B. Philadelphia, besser: regional hergestellter
- 1-2 Eier von Hühnern aus Freilandhaltung
- etwas Pflanzenöl
- Schnittlauchöl nach Anleitung im Text oben
- Koriander
- Sesam
- Frühlingszwiebeln
- Salz & Pfeffer
Anleitungen
- Das Brot toasten oder in mit einer Knoblauchzehe aromatisierter Butter anbraten.
- Avocado schälen, Kern entfernen und in dünne Spalten schneiden.
- Spiegeleier (Menge nach Wunsch) in etwas Öl sanft braten.
- Brot mit Frischkäse bestreichen und Schnittlauchöl darauf träufeln.
- Avocadospalten auf dem Frischkäse anrichten und leicht salzen.
- Spiegeleier auf die Avocadospalten setzen.
- Mit Toppings nach Wunsch garnieren. Wir verwenden Korianderblätter, feine Frühlingszwiebelringe und etwas gerösteten Sesam.
- Mit etwas Salz und Pfeffer final würzen.
Guten Appetit, ihr Lieben! Wenn euch das Avocadobrot gefällt, solltet ihr auf jeden Fall auch unsere Rezepte für das hier erwähnte Sauerteigbrot ausprobieren.
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