Stell‘ Dir diesen Moment vor: Du gehst durch den Frühlingswald, wo gerade Bäume und Büsche in grünen Schattierungen explodieren, als hätten sie seit Wochen darauf gewartet. Von oben wärmt die Aprilsonne zum ersten Mal so stark, dass T-Shirt und barfuß in den Schuhen sich nicht mehr falsch anfühlt. Der Boden übersät vom ausgebleichten Laub des vergangenen Herbstes, überall drücken kleine grüne Bäumchen durch die Blätterdecke. Es sind winzige Buchen, die – verkapselt als Bucheckern – den Winter überdauert haben und jetzt zum Leben erwecken. Es sind Tausende kleiner Bäume, die gen Himmel sprießen. Und dann realisierst du, dass diese kleinen Buchenkeimlinge nicht nur eines der vielen kleinen Frühlingswaldwunder sind, sondern eine rare Delikatesse, die kaum ein Mensch je probiert hat.
Inhaltsverzeichnis
Sind Buchenkeimlinge giftig? Nein!
Am vergangenen Sonntag gab’s bei uns also Bäume zu essen. In Form vieler frisch geschlüpfter Buchen. Buchenkeimlinge nennt man sie in der Fachsprache und diese Entdeckung hat mich nachhaltig begeistert. An Wildkräuter habe ich mein Herz ja bereits verloren, beim Spaziergang durch Wald und Wiesen sehe ich im Prinzip nur noch einen einzigen gigantischen Markststand, auf dem ich jedes Mal eine neue Delikatesse entdecken kann. Und weil Wildkräuter wie Bärlauch und Vogelmiere mittlerweile schon zum Standardrepertoire gehören, freue ich mich immer wie ein kleines Kind über neue unerwartete kulinarische Entdeckungen.
Auf die Idee, dass man diese kleinen grünen Sprösslinge, die den Buchenwaldboden wie ein Teppich überziehen, überhaupt essen kann, musste mich mein 10-jähriges Patenkind bringen. „Das sind alles kleine Buchenbäume“ wollte mir der kleine Mann weismachen und ich glaubte ihm erst, als er mir einen Keimling vor die Nase hielt, der seine Bucheckernhülle noch nicht abgeworfen hatte. Wenn man Bucheckern essen kann, warum dann eigentlich nicht die Sprossen daraus. Eine Frage, die Google schnell für mich klären konnte. „Sind Buchenkeimlinge giftig oder essbar?“ Die Antwort: Sie sind essbar und wunderbar als Salat oder Gemüse. Nur die Wurzeln sollte man entfernen, da sie wenig aromatisch sind. Selbst junge Blätter, die nach den Keimblättern wachsen, sind genießbar, wenn auch etwas zäher.
Die ersten Keimlinge sprießen im April
Dass Buchenkeimlinge erst Anfang April in die Höhe schießen, obwohl sie ja bereits im Herbst zur Erde fallen, hat einen simplen Grund, der kompliziert klingt (Klugscheißer aufgepasst): Bucheckern müssen „stratifizieren“, bevor sie keimen, das heißt, sie müssen eine Kältephase durchlaufen, bevor sie in der darauf folgenden Wärmephase dann austreiben. Die Stratifizierung erledigt der Winter, doch man kann diese Kältephase auch simulieren. Wer im Herbst Bucheckern sammelt, um daraus Buchenkeimlinge zu ziehen, muss sie zunächst eine gewisse Zeit im Kühlschrank lagern. Dann gelingt auch das Ziehen einer kleinen Buche aus der Buchecker.
500 Gramm Buchenkeimlinge in 30 Minuten
Der Auftrag an meine kleine Expeditionstruppe war also klar: Bitte einmal die Jacke (die ich bei 20 Grad sowieso nicht brauchte) mit Buchenkeimlingen füllen. Schön, wenn man ein paar motivierte Kids dabei hat, die so eine Ansage noch als Herausforderung betrachten und wie wild drauf lospflücken. Und: Der Schwund vom Waldboden fiel bei der Masse an Buchenkeimlingen gar nicht auf. Mit prall gefüllter Jacke marschierten wir keine 30 Minuten später nach Hause, um einen Salat zuzubereiten, wie ich ihn noch nie gegessen hatte. Junge Buchenkeimlinge schmecken nussig, ganz leicht grasig und haben einen ungewöhnlich knackigen Biss durch ihre feste Konsistenz. Das sorgt unter anderem dafür, dass ein Salat aus Buchenkeimlingen nicht in sich zusammenfällt, wenn man ihn mit Dressing benetzt.
Rezept für einen frischen Buchenkeimlin-Salat
Frischer Frühlings-Salat aus Buchenkeimlingen
Zutaten
- 500 g frische Buchenkeimlingen
- 4 EL Sonnenblumenöl
- 4 EL Olivenöl
- 3 EL Honig- oder milder Apfelessig
- 1 Zehe Knoblauch, fein gehackt
- 50 ml Apfelsaft
- 1 TL scharfer Dijon-Senf
- 1 Bund Frühlingszwiebeln, fein gehackt
- Salz & Pfeffer
- 1 Handvoll geröstete Sonnenblumenkerne
Anleitungen
- Die Buchenkeimlinge gründlich waschen, die Stiele abtrennen und nur die Blätter verwenden.
- Zutaten für das Dressing in einem Weckglas aufschütteln und mit den Sonnenblumenkernen unter den Salat heben.
Guten Appetit, ihr Lieben! Wenn Wilkräuter genauso liebt, wie wir, solltet ihr auf jeden Fall auch mal in unsere Artikel zum Thema essbare Wildkräuter, eingelegte Bärlauchknospen oder auch Fliedersirup reinschauen.
Und wenn ihr Lust habt, folgt uns doch auf unserer Facebook-Fanpage oder unserem Instagram Account – Wir würden uns freuen. Und damit ihr regelmäßig über neue oder saisonale Rezepte informiert werdet, tragt euch doch unten in unseren Newsletter ein!
Hallo, Genuss-Mensch,
die unbedenkliche Essbarkeit ist mir als echtem „Pilzer“ und Wald-Freund bekannt….schön, dass auf diesem Wege weitere Aroma-Fans davon Kenntnis erlangen.
Michael Riehl in Mayen
Bitte beachten! Es gilt die Handstraußregelung. Jeder Wald hat einen Eigentümer!
https://www.forstwirtschaft-in-deutschland.de/waelder-entdecken/wald-knigge/#:~:text=Von%20wild%20lebenden%20Blumen%20und%20Gr%C3%A4sern%20darf%20man,Abs.%203%20BNatSchG%29%20ist%20eine%20eng%20begrenzte%20Ausnahme.
Guter Punkt. Danke dir!
man kann auch seinen gesunden Menschenerstand verwenden u eine Hand voll essen… nicht eine Jacke voll
ihr kommt mir total unauthentisch rüber, als wolltet ihr auf einen schicken Trend aufspringen… der Typ am foto isst den Keimling nicht… 1 handvoll soll jeder pflücken u gleich essen – keine Jacke voll rupfen…
Hallo Heidi,
Wer meine Begeisterung erlebt hätte, als ich gestern auf meiner Jogging-Runde die ersten Buchenkeimlinge entdeckt habe, würde sie auf jedenfall nicht unauthentisch nennen 😉
Spaß beiseite: Natürlich kennst du uns nicht persönlich, aber wer uns schon länger folgt, weiß, dass wir definitiv nicht auf irgendwelche Trends aufspringen, nur weil ein Produkt/Thema gerade gehyped wird (abgesehen davon ist der Artikel schon ein paar Jahre alt und ich bin mir nicht einmal sicher, ob es damals schon so wirklich cool war, Wildpflanzen zu essen).
Darüber hinaus sind wir erfahrene und verantwortungsvolle Sammler und achten bei Pflanzen, Pilzen u.ä immer darauf, den Bestand nicht zu beschädigen – nicht desdo trotz ist es natürlich sinnvoll, regelmäßig darauf hinzuweisen!
Gegen das Mitnehmen von Wildkräutern (statt Vorort-Verkostung) spricht übrigens nichts – oft kann man das Gesammelte zuhause noch wertschätzender verarbeiten, z.b. als Pesto 🙂
Liebe Grüße,
Terese
Ich wäre bei dieser Art Tipps hinsichtlich des Fuchsbandwurms sehr vorsichtig. Ich finde es befremdlich, dass nicht mal auf dieses Risiko hingewiesen wird, so super ich diese Artikel eigentlich finde.
Hallo,
Du hast natürlich recht, das Sammeln und Verzehren von Wildfrüchten und -Pflanzen sollte immer vorsichtig und verantwortungsvoll angegangen werden.
Dennoch: Wir als Autoren können zwar auf einige Themen hinweisen, letzendlich liegt die Verantwortung sich über (regionalen) Gefahrenquellen zu informieren immer bei einem selber, insbesondere wenn es sich um ein sehr seltens Auftreten handelt, wie bei dem von dir erwähnten Fuchsbandwurm.
Seit einigen Jahren wird tatsächlich davon ausgegangen, dass das Sammeln von Beerern, Pilzen und sonstigen Waldpflanzen kein großer Risikofaktor in dieser Hinsicht darstellt, man müsse schon erkennbar mit Fuchskot verunreinigte Beeren essen, um eine eine Menge Eier aufzunehmne, die zu einer Infektion führen würde. Das kannst du z.B. in der Ärzte Zeitung nachlesen. Zum Vergleich liegt in Deutschland das Risiko, sich über einen Zeckenbiss an FSME zu infizieren, um ein Vielfaches höher und es ist entsprechend sehr zu empfehlen, sich impfen zu lassen.
Was ich grundsätzlich sagen will: Du hast vollkommen recht, das Thema ins Bewusstsein zu rufen und so dafür zu sorgen, dass alle, die sich vielleicht noch nie damit befasst haben, ihr eigenen Recherchen durchführen und letztendlich für sich entscheiden, welche potentiellen Risiken sie in Kauf nehmen oder was sie lieber sein lassen.
In diesem Sinne wünsche ich dir alles Liebe und einen guten Start in die neue Woche,
Terese
PS: Auch bei Zuchtbeeren kann grundsätzlich nicht von vollkommene „Sicherheit“ ausgegangen werden: auf Erdbeerfeldern tummeln sich gerne Mäuse, die wiederum beliebte Beutetiere der Füchse sind.