Gartoffelgratin

Kartoffelgratin nach Dauphiner Art: Knusprig, cremig und ohne Käse

Kartoffelgratin ist Comfort Food pur und genau das richtige Gericht, um uns die kältere Jahreszeit ein bisschen erträglicher zu machen. Ein richtig gutes, ultra-cremiges Kartoffelgratin zuzubereiten ist grundsätzlich sehr einfach – wenn man sich an folgende Regeln hält: Die richtigen Kartoffeln verwenden, Kartoffelstärke lösen und ein bisschen Butter für die Kruste parat halten. Denn eines müssen wir vorneweg klarstellen: In – beziehungsweise auf ein richtiges Gratin Dauphinois (also DAS Original wenn es um Kartoffelauflauf geht) kommt kein Käse. Warum das so ist und wie ihr das Gratin zubereitet, erklären wir im Artikel.

Inhaltsverzeichnis

Gartoffelgratin

Vom Ursprung und dem Kratzen

Weil sich in vielen Köpfen irgendwie festgesetzt hat, „Gratin = etwas, das mit Käse überbacken ist“, wollen wir hier einen kleine Exkurs in die Entstehungsgeschichte dieses überaus beliebten Gerichts starten. Der Name Gratin bezieht sich auf das Verb „Gratter“, also französisch für „(ab)kratzen“ und bezeichnet ursprünglich einen festgebackenen Belag oder die Kruste eines Gerichts, der oder die nur mithilfe eines Spachtels abgekratzt werden konnte. Irgendwann wurde diese „Technik“ ausgebaut um cremige oder dickflüssige Gerichte im Ofen gezielt mit einer gratinierten Oberfläche zu versehen. Der Grund? Die feste, knusprige Schicht schützt die cremige Masse vor dem Austrocknen und ermöglicht, das fertige Gericht ein paar Tage aufzubewahren.

Das Gratin Dauphinois ist dabei die Mutter aller gratinierten Zubereitungen. Der Zusatz „Dauphinois“ kennzeichnet dabei die vor der Revolution als Dauphiné bekannte Region im Osten Frankreichs, welche sich über die heutigen Départements Isère, Drôme, Rhône und die italienischen Alpen erstreckte. Dass genau diese Regionen Wiege des Kartoffelgratins wurden, ist im Grunde wenig verwunderlich: Inspiriert durch die benachbarte Schweiz oder auch Preußen – beide Vorreiter im Kartoffelanbau – stiegen die Dauphinois deutlich früher in die Verwertung der umstrittenen Knollen ein, als der Rest Frankreichs. Dort bedurfte es noch langjähriger Lobbyarbeit von Antoine Parmentier, bis Mitte des 18. Jahrhunderst das teilweise bestehende Kartoffelverbot gekippt wurde.

Topf und Ofen als Erfolgsgarant fürs Kartoffelgratin

Mit dem Rezept für dieses Kartoffelgratin habe ich mich sehr schwer getan. Das bedeutet im Umkehrschluss: Ihr spart euch mit der Lektüre dieses Artikels einige Fehler, die ich schon für euch gemacht habe. Tatsächlich habe ich bestimmt 4 bis 5 (vermasselte) Ansätze gebraucht, bis ich endlich auf die richtige Fährte stieß. Was nicht gestimmt hat? Trotz viel Recherche und dem Testen von diversen (normalerweise) richtig verlässlichen Quellen, blieb oder bildete sich bei meinem Gratin eine unschöne Pfütze unten in der Form. Weshalb, war eigentlich klar: Da die Flüssigkeit ja durch die Stärke der Kartoffeln gebunden werden soll – und das offenschtlich nicht gelungen war, lag der Schluss nahe: Zu wenig Stärke war beim Backen in die Sahne-Milch-Mischung übergegangen. Nichts so klar war die Herangehensweise um das Problem zu beheben und ich tappte zunächst im Dunkeln. Folgende Versuche waren jedenfalls nicht erfolgreich:

  • Ich habe vermieden, die Kartoffeln nach dem Schälen zu waschen (um keine Stärke zu verlieren).
  • ich habe weichkochende Kartoffeln verwendet (weil die ein wenig mehr Stärke enthalten)
  • ich habe das Gratin länger im Ofen gelassen (damit es vielleicht doch noch bindet) oder auch heißer gebacken (wer weiß, vieleicht löst sich die Stärke dann besser!)

Keine der Strategien hat gefruchtet, das ganze mich dafür umso mehr gefrustet. Bis mir beim Kochen eines anderen Rezepts mit Stärkebeteiligung dann die Erleuchtung kam: Der Risotto-Effekt.

Stärke Lösen als entscheidendes Element

Tatsächlich beruht die Cremigkeit eines Risottos auf der Tatsache, dass der Reis bei leichtem Köcheln und durch die Mechanik des stetigem Rühren Stärke in die Flüssigkeit abgibt. Dasselbe Prinzip kann auch auf Kartoffeln angewandt werden: Die schon geriebenen Scheiben werden in der Milch-Sahne-Mischung behutsam und unter stetigem Rühren geköchelt, bis sich genügend Stärke gelöst hat und die Flüssigkeit sämig wird (Das ist nach etwa einer halben Stunde der Fall). Dann alles einfach in die gebutterte Gratin-Form* transferieren und für eine Stunde in den Ofen stellen. Voila, das cremigste Kartoffelgratin der Welt ist fertig.

Was ihr sonst noch wissen solltet, bevor ihr ins Kartoffelglück startet, könnt ihr hier nachlesen:

Gartoffelgratin

Welche Kartoffeln für das Gratin?

Die Wahl der Kartoffeln ist ausschlaggebend für ein gelungenes Gratin. Sobald ihr die Eigenschaften von Kartoffeln einmal verinnerlicht habt, könnt ihr in der Hinsicht aber eigentlich nichts mehr falsch machen. Dafür ist es vorab wichtig zu verstehen, was wir von dem Gratin in Sachen Textur erwarten und wie der gewünschte Zustand erreicht werden kann. Grundsätzlich streben wir ein Kontrastspiel zwischen bissfesten Kartoffelscheiben und einer super cremigen Masse an, die die Kartoffeln einbettet. Die Cremigkeit rührt jedoch, wie schon erwähnt, nicht von zerfallenen Kartoffeln her (das wäre nämlich dann Kartoffelbrei und hat ja bekannterweise mein kleines Pfützen-Problem nicht behoben), sondern von der Sahne/Milch, die durch Stärke gebunden wird.

Nun stimmt es zwar, das sogenante „weichkochende“ Kartoffeln mehr Stärke enthalten, als „hartkochende“. Bemerkbar war dieser Unterschied bei meinen Testreihen allerdings nicht und das Rühren in der ersten Garphase lößt in jedem Fall auch bei hartkochenden Sorten eine ausreichende Menge Stärke, um die komplette Flüssigkeit zu binden. Klar erkennbar ist jedoch die Festigkeitscharakteristik: Insbesondere beim Kochen zerfallen weichkochende Kartoffeln innerhalb von kurzer Zeit, egal wie behutsam ihr sie rührt oder wendet. Hartkochende Kartoffeln wiederum überstehen dieses Prozedere auch dünn gehobelt ohne zu brechen oder zu zerfallen und sind demnach die einzige richtige Wahl für unser Kartoffelgratin.

Wir haben zur Orientierung hier noch einmal eine kurze Übersicht zum Thema Kartoffeltypen und Verwendungsempfehlung zusammengestellt:

  • Weichkochende Kartoffeln zeichnen sich durch einen sehr hohen Stärkeanteil aus (etwa 16%) und eignen sich für alles, das gestampft, geformt oder püriert wird (z.B. Suppen, Püree, Klöße).
  • Vorwiegend festkochenden Kartoffel sind sozusagen Allarounder, die fest genug sind, um für Salzkartoffeln oder Kartoffelsalat hergenommen zu werden, sich jedoch notfalls auch zu Püree verarbeiten lassen.
  • Festkochende Kartoffeln weisen einen verhältnismäßig geringen Stärkeanteil auf (ca 11 bis 13%) und werden vor allem für Zubereitungen verwendet, bei denen nichts zerfallen darf, wie zum Beispiel Pommes, Auflauf oder Bratkartoffeln.

Wenn es nun um den genauen Typ Kartoffeln geht, so hatte ich nach meinen Recherchen im französischsprachigem Teil des Internets (wie so oft auch auf slate.fr) die Befürchtung, dass sich nur ein paar wenige Sorten eignet würden. Nachdem ich in München jedoch keine einzige Knolle mit den wohlklingenden Namen Monalisa, Charlotte oder Amandine auftreiben konnt und gezwungenermaßen auf die lokalen Vertreter Anuschka, Sieglinde oder Linda zurückgreifen müsste, war klar: Der Typ ist nicht ausschlaggebend (zumindest für die Textur) und einzig und allein entscheidend ist, dass es sich um festkochende Varianten handelt (und sie euch geschmacklich zusagt).

Wie werden die Kartoffeln aufbereitet?

Zwei Aspekte sind zu beachten, wenn es um die Aufbereitung der Kartoffeln für das Gratin geht. Klar, die Knollen müssen geschält werden, das versteht sich von selbst. Nach dem Schälen solltet ihr sie allerdings auf keinen Fall waschen oder wässern, denn ihr würdet wertvolle Stärke gleich mit entfernen. Und das wir auf diese Stärke angewiesen sind, haben wir ja spätestens nach den missglückten Versuchen mit ungebundenen Milch-Sahne-Pfützen verstanden.

Der zweite Aspekt betrifft die Schneide-Technik: Die Kartoffeln müssen in hauchdünne Scheiben geschnitten oder gehobelt werden, idealerweise sollten sie leicht durchscheinend sein. Am besten macht ihr das mit einer Mandoline oder dem Gemüsehobel. Ganz wichtig ist dabei, dass der Hobel eine richtig scharfe Schneide besitzt – es sollte deshalb immer eine separat eingesetzte oder verschraubte Klinge sein, denn Reiben, die aus einem einzigen Blech gestanzt und dann nur leicht geschärft wurden, zerrupfen die Kartoffeln mehr, als dass sie sie schneiden. Besser als einen stumpfen Hobel zu verwenden ist es, die Kartoffeln mit einem sehr scharfen Messer in möglichst dünne Scheiben zu schneiden, auch wenn dies einen gewissen Aufwand bedeutet.

Wer genau wie ich das händische Schneiden nur einmal, aber bitte kein zweites mal machen will, empfehle ich den V5 Gemüsehobel des deutschen Traditionsunternehmens Bömer*. Das unglaublich multifunktionale Gerät kommt mit einer Vielzahl an Schneiden die sogar kindersicher verstaut werden können. Und: Es ist ein Schieber mit dabei, also das Teil, mit dem verhindert wird, dass wir uns im Eifer die Fingerkuppen weghobeln!

Kartoffelgratin

Was kommt sonst in das Gratin?

Keine Eier, kein Käse

Zwar haben wir dieses Thema schon ganz am Anfang „geklärt“, aber hier noch ein paar mehr Informationen der Vollständigkeit halber: Ein Gratin Dauphinois enthält weder Eier noch Käse. Natürlich ist mir bewusst, dass sich einige unter euch der Versuchung einer knusprigen und goldbraunen Käseschicht nicht werden entziehen können und es sei euch gegönnt (Ihr verspeißt dann allerdings eher ein Gratin Savoyard)! Traditionell wird jedoch keinerlei Käse verwendet und die schön „gratinierte“ Kruste gelingt trotzdem, insbesondere wenn ihr, wie ich, noch ein paar Flocken Butter auf der Oberfläche verteilt. Unabhängig von den Traditionen, solltet ihr jedoch auf jeden Fall davon absehen, Ei in euer Gratin zu geben: Da sowohl die Koch- als auch Backphasen eher lang sind, würde Eiprotein zwangsweise irgendwann anfangen zu denaturieren und somit unschöne Flocken im cremigen Teil des Gratins bilden.

Milchprodukte im Kartoffelgratin

Nicht überraschend da schon mehrfach erwähnt: Wir verwenden eine Mischung aus Sahne und Milch in den Proportionen 50/50. Grundsätzlich würde jedes Verhältnis auf dem Sahne-Milch-Spektrum funktionieren, aber wir finden, dass gleiche Mengen ein schön ausgewogenes Geschmackserlebnis bewirken, das weder zu fettig und schwer daherkommt, noch die gewisse Sahne-Sämigkeit vermissen lässt, die wir uns in einem Gratin einfach wünschen.

Gewürze im Kartoffelgratin

Salz und schwarzer Pfeffer (bitte immer frisch gemahlen*!) sind natürlich obligatorisch. Ich empfehle beides schon ganz zu Anfang mit in die Sahne-Milch-Mischung zu geben, da wir so die Gelegenheit haben, vor der Ofen-Phase noch einmal abzuschmecken. Nicht traditionell aber „gedultet“ sind darüber hinaus Knoblauch und geriebene Muskatnuss*. Ich selber verwende beides in dezenten Mengen, mit dem Knoblauch reibe ich lediglich die Auflaufform aus, so dass kein Risiko besteht auf Stückchen zu beißen.

Rezept für ein super cremiges Kartoffelgratin nach Dauphiner Art

Gartoffelgratin

Kartoffelgratin nach Dauphiner Art

Terese Tönnies
Ein richtig gutes, ultra-cremiges Kartoffelgratin braucht nicht viel, wenn ihr folgende Tricks befolgt: Hartkochende Kartoffeln verwenden, im Topf Stärke lösen und im Ofen ein bisschen Butter auf der Oberfläche verteilen. Voila, euer grandioses Kartoffelgratin à la Dauphinoise ist fertig!
4.70 von 26 Bewertungen
Vorbereitungszeit 15 Minuten
Zubereitungszeit 1 Stunde 30 Minuten
Gericht Beilage, Hauptgericht
Küche Französisch
Portionen 6 Portionen

Zutaten
  

  • 1 kg hartkochende Kartoffeln (z.B. "Linda")
  • 400 ml Sahne
  • 400 ml Milch
  • Salz, Pfeffer, Muskat zum Abschmecken
  • 1 Knoblauchzehe um die Form auszureiben
  • Butter für die Form sowie ein paar Flocken für die Kruste

Anleitungen
 

Kartoffeln vorbereiten

  • Kartoffeln gründlich waschen (damit sie nach dem Schälen nicht mehr gewaschen werden müssen), anschließend schälen.
  • Endweder mit der Mandoline (zB. von Bömer*) oder einem scharfen Messer in sehr dünne Scheiben schneiden. Die Scheiben sollten idealerweise fast durchscheinend sein.

Garphase 1: Im Topf

  • Kartoffeln, Sahne, Milch und Gewürze in einen Topf geben und zum Köcheln bringen. Mit einem Holzlöffel kontinuierlich oder zumindest alle 1-2 Minuten behutsam umrühren um Stärke zu lösen.
    Die Mischung sollte nie heftig kochen und je sämiger die Flüssigkeit wird, desto niedriger sollte die Hitze gedreht werden. Ich fange immer bei Stufe 6/9 an und drehe dann alle 5 bis 10 Minuten eine Stufe runter.
  • Die Mischung sollte etwa eine halbe Stunde auf dem Herd bleiben und ist fertig, wenn die Flüssigeit sichtbar sämig bis cremig ist und beim Erkalten am Löffel eine cremige Schicht hinterlässt.

Graphase 2: Im Ofen

  • Eine ofentaugliche Gratinform wie diese* mit der Knoblauchzehe ausreiben und anschließend mit Butter großzügig fetten.
  • Kartoffeln und Milch-Sahne-Creme noch einmal abschmecken, anschließend in die Form transferieren und gleichmäßig verteilen. Ein paar Butterflocken auf der Oberfläche verteilen.
  • Für etwa 1 Stunde in den auf 150° Ober-Unterhitze vorgeheitzten Ofen schieben. Das Gratin sollte am Ende leicht golden sein und die Milch-Sahne-Mischung sichtbar cremig.
  • Das Gratin noch für 2 Minuten unter den Ofengrill platzieren und sofort servieren.
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Guten Appetit, ihr Lieben :)! Wenn euch das Gratin schmeckt, solltet ihr auf jeden Fall auch unsere Rezepte für Quiche Lorraine, die Galette Bretonne und natürlich unsere ultra-cremige Kartoffelsuppe ausprobieren.

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2 Kommentare
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Luisa
3 Jahre zuvor

Das ist wirklich ein tolles Rezept über das Kartoffelgratin.
Liebe Grüße
Luisa von https://littlefork.de/

Susanne
2 Jahre zuvor

Vor wenigen Jahren habe ich endlich „mein“ Rezept für Gratin Dauphinois gefunden – vom Sternekoch der Sterneköche: Alain Ducasse. Und er macht es genauso wie ihr: er lässt vorher die Kartoffelscheiben in der Gewürzmilch köcheln. Und genau das ist der entscheidende Tipp. Er nimmt für die Auflaufform allerdings nur einen Teil der Gewürzmilch. Beim Schichten in der Auflaufform setzt er dann noch Crème fraîche-Kleckse dazwischen. Euer Blog gefällt mir! Liebe Grüße, Susanne