Der Mittelmeerfranzose liebt Seeigel so sehr, dass er sogar ein eigenes Wort für das gesellige Sammeln und Verspeisen dieser ganz besonderen Delikatesse hat: Die Oursinade. Traditionell werden Seeigel – die Oursins – von Dezember bis April gesammelt. Gegessen wird dabei nur der leuchtend rote oder orangene Rogen und das zumeist roh oder höchstens kurz in einer warmen Sauce erhitzt. Man mag sich zurecht fragen, was die Mittelmeerbewohner an dem Verzehr der doch lächerlich kleinen und aufwändigst zu beschaffenen Ausbeute findet. Wer sich jedoch einmal daran getraut hat, wird unweigerlich bestätigen: Es handelt sich um ein ganz besonderes kulinarisches Erlebnis, das die aromatische Essenz des Mittelmeers einfängt wie kaum anderes Produkt – umso mehr wenn die Seeigel selbst gesucht und mit viel Liebe (und Geduld!) gesäubert wurden. Genau das haben wir getan und wir erzählen euch heute, wie Seeigel gesammelt werden, woran ihr die kulinarisch interessanten Steinseeigel erkennt, was ihr beim Putzen beachten solltet und natürlich wie ihr daraus wunderbare Pasta mit Seeigel-Sauce zaubert.
Inhaltsverzeichnis
- Seeigel auf Korsika
- Schonzeiten und Quoten
- Seeigel sammeln
- Steinseeigel vs. Schwarze Seeigel
- Öffnen und Säubern
- Equipment und Anleitung
- Seeigel essen
- Seeigel zubereiten
- Rezept
Seeigel auf Korsika
Wir hatten das Glück, in meiner Heimat Korsika bei schönstem Märzwetter auf die Seeigeljagd gehen zu können. Jagd bedeutet hier: Wir waten durchs seichte aber kalte Meerwasser – in kurzen Hosen, die Füße mit festen Surfschuhen und eine Hand mit Davids Anti-Hecht-Handschuhen und versuchen zwischen Steinen und in Spalten die als dunkle Flecken getarnten Stachel-Tiere zu erkennen – und das möglichst bevor wir hineintreten.
Die korsischen Küsten bieten ideale Lebensbedingungen für Seeigel: Traumhafte Buchten schmiegen sich meist zwischen ausladende Stein- und Felsformationen, die bis ins Wasser reichen. Dort, direkt unter der Oberfläche und bis in eine Tiefe von ein paar Metern, fühlen sich die Tiere besonders wohl. Das Wasser ist warm und sauerstoffreich, der raue Granit bietet Spalten und Kanten in denen sich die Seeigel verkriechen und verkeilen können. Die Wellen schaukeln nahrhafte Algen direkt vor die hungrigen Mäuler. What a Seeigel-Life. Bis wir kommen.
Schonzeiten und Sammelquoten auf Korsika
Hungrig sind auch wir und machen es uns zur Aufgabe, etwa zwei Dutzend Seeigel für unser Mittagessen aufzustöbern. Wir haben uns eine Bucht ausgespäht, etwas außerhalb des Örtchens Pianottoli im Süd-Westen der Insel und binnen Minuten wird klar: Wir sind mitten in einen Seeigel-Hot-Spot gestolpert. Nicht länger als zwanzig Minuten brauchen wir, um unser Abendessen in spe zu sichern. Dieses üppige Vorkommen ist hier nicht ungewöhnlich, wenngleich auch die korsische Seeigelpopulation durch steigende Wassertemperaturen und Überfischung sinkt. Um dem entgegen zu wirken ist die Seeigel-Saison in diesem Gebiet – die Reserve des Bouches de Bonifacio – sogar noch kürzer als auf dem Rest der Insel: Gesammelt wird hier vom 15. Dezember bis zum 1. April. An den übrigen Küsten der Insel dürfen Seeigel bis zum 15. April entnommen werden. Den Rest des Jahres haben die Tiere Schonzeit und heftige Geldstrafen drohen bei Missachtung.
Auch die Menge ist selbstverständlich reguliert: Bis zu drei Dutzend Seeigel pro (Privat-)Person dürfen mitgenommen werden, für professionelle Fischer gelten natürlich andere Regelungen. Wer die stacheligen Tierchen jedoch schon einmal selbst gesäubert und ausgenommen hat weiß: Viel mehr als die erlaubte Quote würden wir uns sowieso nicht zumuten wollen. Dazu aber später mehr und noch einmal zurück zum Sammeln.
Bitte beachtet, dass diese Informationen von den entsprechenden Behörden jederzeit angepasst werden könne. Informiert euch vor dem Sammeln, welche Beschränkungen in eurer Region gelten und lasst kleine Exemplare (unter 5cm) lieber im Wasser: Sie sind noch ganz jung und bilden die Population der nächsten 2-3 Jahre.
Seeigel sicher sammeln
Vorweg sei gesagt: Seeigel im Mittelmeer sind absolut harmlos, zumindest in der Hinsicht, dass sie keine giftige Stacheln besitzen und allesamt essbar sind. Dennoch gilt es sich vor den Stacheln zu schützen, da die knöchernen Dornen extrem schwer zu entfernen sind, sitzen sie einmal in Fingern oder Füßen. Wir haben zu diesem Zweck diese bissfesten Handschuhe* verwendet, die eigentlich für das Handhaben von beißfreudigen Fischen, wie Hechten gedacht sind. David traut sich damit ins Maul eines Hechts zu fassen. Damit können die Seeigel fest genug gepackt werden, um sie durch kräftiges Drehen vom Fels zu lösen – dort halten sie sich Dank einer Vielzahl winziger ausfahrbarer Saugnäpfe erstaunlich hartnäckig fest. Wer noch keine passenden Schutzhandschuhe besitzt, dem kann ich diese Schnittschutz-Handschuhe* empfehlen, die mit einer Niveau 5 – Schnittfestigkeit denselben Schutz bieten, wie meine. Sie werden hier in einem Set mit Austernmessern angeboten, die wir später beim Öffnen der Seeigel sowieso gut gebrauchen können. Ganz ohne Equipment ist das Sammeln eher nicht zu empfehlen, aber ihr könnt versuchen, die Tiere mit dem Messer vom Fels zu lösen und anschließend ganz vorsichtig einzusammeln. Das funktioniert allerdings nur bei Tieren, die sich nicht in Spalten verkeilen, dort könnt ihr sie ohne Handschuh nicht herauswinden.
Steinseeigel erkennen und schwarze Seeigel aussortieren
Habt ihr die kleinen Tiere einmal in der Hand, lohnt sich ein genaues Hinschauen. Im Mittelmeer sind zwei Seeigel-Varianten anzutreffen – der Steinseeigel mit üppigen Mengen wohlschmeckendem Rogen und der Schwarze Seeigel, dessen Gonaden winzig ausfallen und durch einen bitter schmeckenden Farbstoff genussuntauglich sind. Entgegen früheren Annahmen, es handle sich um Weibchen (Steinseeigel) und Männchen (Schwarzer Seeigel) einer selben Variante, sind es in Wirklichkeit zwei separate Spezies mit unterschiedlichen Eigenschaften und Fressgewohnheiten. Dennoch müssen wir zugeben: Auf den ersten, ungeschulten Blick ist das nicht ersichtlich. Fokussiert auf die entscheidenden Details könnt ihr Steinseeigel und seinen schwarzen Bruder jedoch auch als Laie sehr eindeutig unterscheiden:
- Ist das Exemplar lila, rötlich, braun, gelblich oder grünlich, handelt es sich ohne Zweifel um einen Steinseeigel denn wie der Name schon sagt: Der Schwarze Seeigel ist schwarz.
- Bei sehr dunklen Tieren kann es sich demnach um beide handeln. Hier empfiehlt sich ein Blick auf die Unterseite: Das „Maul“ des Steinseeigels bildet einen kleinen Hügel mit einem Durchmesser von etwa einem Zentimeter. Dieser weist einen erkennbaren Übergang zum harten, auch im direkten Umfeld des Mauls mit Stacheln besetzten Panzer auf. Der Schwarze Seeigel ist hingegen auf seiner Unterseite zum guten Teil kahl, der Übergang zum Panzer fließend und mit der Messerspitze könnt ihr ertasten, dass es sich großflächig um eine nachgiebige, etwas ledrige Haut handelt.
- Ist euch dennoch ein schwarzes Exemplar durchgerutscht, merkt ihr es spätestens beim Öffnen: Das Innere ist im Vergleich zu den Steinseeigeln deutlich dunkler und Rogen so gut wie nicht erkennbar.
Wie einige andere Meeresfrüchten werden auch Seeigel lebend verarbeitet – von den Austern kennt man das. Gesammelte und identifizierte Exemplare legt ihr deshalb am besten in einen mit Meerwasser gefüllten Eimer – so überdauern die Tiere den Transport unbeschadet.
Seeigel öffnen und säubern
Mit unserem Eimer voll Seeigel stehen wir nun vor der Herausfoderung, alles Essbare möglichst sauber zu entnehmen. Das Prinzip dabei ist simpel: Seeigel in eine Hand, Schere in die andere, Deckel aufschneiden, Rogen freilegen und mit einem kleinen Löffel sauber herauskratzen. In der Praxis gestaltet sich das alles etwas mühseliger, dennoch sollten auch Anfänger oder Einsteiger den „Dreh“ relativ schnell herausbekommen.
Wir hatten von vornerein geplant, die Seeigel zu einem wundervoll mediterranen Pasta-Gericht zu veredeln. Einigen Recherchen zufolge ist es dabei sinnvoll, nicht nur die Gonaden zu entnehmen, sondern auch den angenehm salzig-würzigen Saft zu verwenden, in dem die Organe schwimmen. Erste Versuche, die Seeigel nach dem Öffnen sauber zu entleeren scheitern jedoch an der Tatsache, dass unsere Prachtexemplare wohlgenährt und mit prallen Mägen daher kommen. Diese „Mägen“ bestehen aus einer dünnen Haut, durch die man den algenbeladenen Inhalt durchsieht. Wir durchtrennen diese Häute vorsichtig, woraufhin sich die Algenreste ins Innere des Seeigels ergießen. Das ist hinsichtlich des Rogens kein Problem, da wir die Schalen vor dem Entnehmen noch einmal in einer Schüssel Wasser schwenken, der Saft ist dann jedoch unbrauchbar. Wir sind deshalb dazu übergegangen, als vorgelagerten Schritt die Schale des Seeigels an eine Stelle mit dem Austernmesser zu durchbohren und den Saft (schmeckt wie sehr jodhaltiges Meerwasser), ein bisschen wie bei einer Kokosnuss, vor dem weiteren Aufschneiden abzugießen.
Equipment und Vorgehen erklärt
Für alle, die noch nie so ein stachliges Tier (mit kulinarisch motivierten Hintergedanken) in den Händen hatten, kommt hier noch einmal die ultimative Anleitung zu Öffnen und Säubern von Seeigeln.
Zubehör zum Seeigel-Verarbeiten
- Schnittschutz-Handschuhe* mit mindestens Schnittfestigkeitsniveau 5 um den Seeigel gut fixieren zu können (minimiert das Risiko, mit dem Messer abzurutschen).
- Ein kurzes, spitzes Messer Typ Austernmesser* um die Kalkschale an einer Stelle durchbrechen zu können.
- Eine kräftige Küchenschere* Typ Knochenschere um den Deckel des Seeigels herauszuschneiden. Wichtig ist, eine Schere mit schmaler Klinge zu verwenden, da wir bei kleineren Exemplaren sonst nicht gut in den Panzer kommen.
- Einen kleinen Löffel zum Herauslösen des Rogens.
- Eine Schüssel mit 4% Salzlösung (40g Salz auf 1L Wasser). Dort wird der Rogen nach dem Entnehmen bis zur Zubereitung aufbewahrt. Bei der Zubereitung von Seeigel-Sauce wird der Rogen samt Wasser verwendet (um auch ja nichts zu verschenken), messt deshalb von vorne herein ca. 50ml Salzlake pro Dutzend Seeigel ab.
- Eine Schüssel mit ungesalzenem Wasser zum Waschen der Schale.
- Eine kleine Schüssel für den Seeigel-Saft.
- Einen Eimer für den Abfall.
Schritt-für-Schritt Anleitung
Bei den ersten Seeigeln haben wir uns die Mühe gemacht, die Stacheln, wie oft empfohlen, mit der Schere zu trimmen. Das war sehr aufwändig und die lästigen kleinen Teile sprangen unkontrolliert durch die Küche. Mein Tipp: Besitzt ihr einen Schutzhandschuh, spart euch diesen Schritt, ihr könnt die Seeigel auch so gut fixieren und öffnen:
- Schritt 1: Seeigel anstechen und Saft entnehmen. Seeigel so drehen, dass das Maul nach oben zeigt und mit einer Hand fest auf der Tischplatte fixieren. Am äußeren Rand der Oberseite mit dem (Austern-)Messer ein Loch in die Schale stechen. Je älter die Tiere sind, desto solider ist der Kalkpanzer und ihr müsst ggfs. sehr kräftig drücken. Sobald ihr ein ausreichend großes Loch habt, schüttet den Seeigelsaft in eine Schüssel.
- Schritt 2: Seeigel aufschneiden. Nun greift ihr zur Schere, setzt an dem Loch an und schneidet einen runden Deckel am äußeren Rand der Oberseite heraus. Diesen Deckel könnt ihr dann direkt abnehmen und in den Abfalleimer wandern lassen.
- Schritt 3: Seeigel säubern und Rogen freilegen. Jeder Seeigel enthält fünf Stränge Rogen, die sternförmig von der Mitte aus an den Wänden liegen und kurz vor dem Deckel enden. Bei Weibchen sind sie leuchtend orange bis rot, bei männlichen Exemplaren gelb bis weißlich. Beide sind gleichermaßen geschmacksvoll. Über den Rogen-Strängen liegen teilweise Gedärme und eine rostrote Haut. Die solltet ihr mit der Messerspitze aufschneiden bzw. zur Seite schieben. Es ist nicht schlimm, wenn die Mägen oder Gedärme beschädigt werden, ein Seeigel ernährt sich ausschließlich pflanzlich und es bleiben nach dem Abwaschen keinerlei geschmackliche Rückstände. Den Seeigel nun mit der Öffnung nach unten in der Waschschüssel kräftig schwenken, so werden alle Algen herausgeschwemmt. Wichtig: Ihr solltet die Seeigel bzw. den Rogen nur in diesem Zustand waschen. Habt ihr letzteren einmal ausgelöst, ist seine Struktur für eine solche Handhabung zu fragil und er würde sich auflösen.
- Schritt 4: Rogen entnehmen und aufbewahren. Nach dem Waschen sollte der Rogen sauber und gut zugänglich sein. Ihr könnt nun jeden Strang mit einem kleinen Löffel von oben nach unten behutsam herauslösen und in die Schüssel mit Salzwasser legen. Dort hält er sich gekühlt etwa einen Tag, viel länger sollte das fragile Protein nicht aufbewahrt werden.
- Bonus-Schritt: Seeigel probieren. Egal, was für eine Zubereitungsart vorgesehen ist, ihr solltet den Rogen zumindest einmal direkt aus der Schale gelöffelt probieren. Frischer Seeigel-Rogen schmeckt in keiner Weise fischig sondern punktet im Gegenteil mit einer angenehmen Salzigkeit, Jod-Aromen und fast süßlichen, tiefen Umami-Noten.
Rogen essen: Roh oder gegart?
Die puristischste Variante einen Seeigel zu verzehren, ist natürlich direkt aus der Schale. Daran orientiert sich auch die traditionelle Oursinade, bei der die Beute oft bei einem gemeinsamen Picknick direkt vor Ort verköstigt wird. Meist begleitet mit frischem Baguette, etwas bretonischer Butter und dazu einem Glas kühlen Weißwein. Simpel aber zum Reinlegen gut!
Sehr gut schmeckt Seeigel-Rogen auch auf Blinis oder zu weichgekochtem Ei. Wie bei Kaviar macht sich dazu ein ordentlicher Klecks Crème Fraîche sehr gut. Kaviar vom Stör ist tatsächlich ein guter Anhaltspunkt, wenn es darum geht, die Grundaromatik und den Schmelz von Seeigelrogen zu beschreiben.
Seeigel warm zubereiten
Auch warme Zubereitungen werden dem intensiv-jodigen Rogen gerecht, allen voran Pasta mit Seeigel-Sauce. Dazu gilt es allerdings ein paar wichtige Punkte zu beachten:
- Nicht kochen! Der Rogen sollte nie wirklich gekocht oder gar gebraten werden. Heftige Hitze zerstört das fragile Protein und der frische Geschmack geht verloren. Deshalb wird Rogen erst dann einem Gericht beigefügt, wenn es schon fertig gegart ist. Ergänzung: Wir sind mitlerweile dazu übergegangen, einen Teil des Rogen unter die Pasta-Sauce zu Mixen, statt ihn nur hinzuzugeben. Die proteinhaltige Substanz bindet die Sauce ganz erstaunlich gut und das Aroma verteilt sich noch besser. Aber auch hier gilt: Nicht kochen, sondern einfach in die ansonten fertige Sauce, durchmixen und sofort servieren.
- Nicht salzen, nur abschmecken! Seeigel-Rogen ist von Haus aus eher salzig und wird bei Seeigel-Sauce direkt mit der Salzlake verwendet. Zusätzlich verwenden wir in unserer Seeigel-Sauce den Saft, der auch wieder viel Geschmack und Salz mit in das Gericht bringt.
- Süß-Säure-Balance beachten! Das intensive Jod-Aroma harmoniert bestens mit einer ganz subtilen Süße und einer gewissen Säure. Oft wird einer Seeigel-Sauce deshalb Weißwein beigefügt, wir finden jedoch, dass die dezente Säure von frischen Tomaten, ggfs. ergänzt mit ein paar Spritzern Zitrone der beste Partner für die Seeigel ist da. Die Tomaten bringen auch direkt eine fruchtige Süße ins Spiel, bleiben aber im Gegensatz zu Wein schön im Hintergrund und überlassen den Seeigeln die große Bühne.
- Bonus-Tipp: Meerfenchel verwenden! Wer die Seeigel selbst sammelt, wird an den Felsen am Ufer unweigerlich auf dieses tolle Gewächs stoßen: Der Meerfenchel. Es handelt sich dabei um eine Pflanze aus der Familie der Doldenblütler, das allerdings erkennbar zu den Sukkulenten, also den sogenannten Fettpflanzen zählt. Meerfenchel wächst direkt am Ufer, dort wo sie sich auf ein bisschen Erde zwischen Steinen und in Felsspalten ansiedeln konnte. Das merken wir auch am Geschmack, der angenehm salzig ist und ein wenig an Stangensellerie erinnert. Die zweigartigen Triebe sind roh genießbar, noch besser schmecken sie jedoch gekocht oder angebraten. Wenn immer möglich – ich bin dem Gemüse noch nie in einem Laden begegnet – verwenden wir Meerfenchel in Gerichten mit Fisch oder Meeresfrüchten, die es perfekt ergänzt. Also: Bei Gelegenheit auf jeden Fall probieren!
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Pasta mit Seeigel-Sauce
Nachdem nun alles Wichtige geklärt wäre, seid ihr bereit für die ultimative Mittelmeer-Umami-Bombe: Pasta mit Seeigel-Sauce. Und so geht es:
Pasta mit Seeigel-Sauce
Zutaten
- 25 Seeigel Die Gonaden von zwei Dutzend Seeigeln in etwa 100ml Salzlake
- Aufgefangener Seeigel-Saft
- 150 g aromatische Tomaten
- 3 Schalotten
- 1 Knoblauchzehe
- 50 ml Olivenöl
- 50 Gramm Sahne
- 50 Gramm Butter
- Zucker
- 100 Gramm Spaghetti oder andere Pasta nach Wahl
- Salz fürs Pastawasser
- 1 Handvoll Meerfenchel (wenn verfügbar)
Anleitungen
- Seeigel wie oben beschrieben öffnen, den Saft entnehmen, sie säubern und die Gonaden in 50 ml 4%er Salzlake aufbewahren. Falls ihr die Seeigel direkt nach dem Öffnen verarbeitet, ersätzt die Salzlake durch den eigenen Saft.
- Nudeln selber machen und kochen (das Rezept dazu findet ihr hier) oder nach Packungsanleitung zubereiten. Nicht zu stark salzen, die Sauce hat einen hohen Salzgehalt durch den Seeigelsaft und die Salzlake, in der die Gonaden aufbewahrt werden.
- Tomate von ihrer Haut befreien. Am einfachsten funktioniert das, wenn man sie leicht anritzt und kurz in kochend heißem Wasser blanchiert. Anschließend das Fruchtfleisch in kleine Würfel schneiden.
- Schalotten und Knoblauch schälen und sehr fein hacken. Olivenöl sanft erhitzen und Schalotten/Knoblauch darin drei Minuten anschwitzen. Falls verfügbar: Etwas Meerfenchel mit anschwitzen. Etwas Zucker einstreuen (ca. 1/2 TL) und kurz karamellisieren lassen. Tomatenwürfel dazu geben und einmal durchschwenken.
- Hitze erhöhen, bis die gesamte Masse sichtbar köchelt. Den Seeigelsaft und die Sahne dazu geben und auf 1/3 der Flüssigkeitsmenge reduzieren. Nun die Sauce mit dem Handmixer einmal pürieren, die Butter dazu geben und noch einmal mixen.
- Nun sie Sauce vom Herd nehmen, etwa 2/3 der Seeigel-Gonaden hinzufügen und mit dem Handmixer pürieren. Die Sauce wird sofort binden, wenn sie nötig fügt noch etwas Wasser hinzu oder Seeigelsaft hinzu.
- Die Nudeln nun in die Pfanne geben und alles gut durchrühren, sodass sich die Sauce an den gesamten Nudeln verteilt hat. Die restlichen Seeigel-Gonaden unter die Nudeln heben.
- Sofort servieren und nach Wunsch mit einem Glas gekühlten Weißwein Typ Riesling begleiten.
Guten Appetit, ihr Lieben! Wenn euch unsere Pasta mir Seeigel-Sauce gefällt, solltet ihr auf jeden Fall auch mal unseren Herbst-Pendant dazu probieren: Diese grandiose Steinpilz-Pasta. Dort findet ihr auch unsere Rezepte zum Pasta Selbermachen. Und wenn ihr mehr über die schöne Insel Korsika und ihr kulinarischen Schätze erfahren wollt, lest doch unseren Reisebericht von letztem Jahr!
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*Affiliate Link. Als Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen.
Pfui Teufel – was anderes fällt mir da nicht dazu ein: lebendige Tiere mit der Schere oder dem Messer aufzuschneiden und dann roh essen – pfui Teufel….
Nun ja, zu dem Thema Schlachten und Töten muss (und sollte!) sich natürlich jeder seine eigene Meinung bilden – erfreulich ist so etwas nie, auch nicht bei Krustentieren. Anders als bei anderen Tieren gibt es hier jedoch einfach keine Möglichkeit, sie vorher zu betäuben.
Rogen roh essen ist wiederum sehr gängig, auch bei Fisch. Ob man das nun mag oder nicht, sei wieder jedem überlassen, über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten 🙂
Liebe Grüße und noch ein schönes Wochenende,
Terese Tönnies
Seeigel! Hach! Und dann auch noch selbst gesammelt: besser geht es nicht. Danke für diesen wieder einmal grandiosen, intensiven, atmosphärisch dichten und mitreißend formulierten Bericht, der auch die Mühen des weiten Weges zur kulinarischen Erfüllung nicht unterschlägt. Wie so oft in der „Schlaraffenwelt“: mit riesigem Genuss gelesen! Das Pasta-Rezept mit dem aparten Meerfenchel-Twist klingt fantastisch – wird ausprobiert, sobald die Zutaten vollständig zur Verfügung stehen.
Mir war nicht klar, dass Seeigel auch auf Korsika kulinarische Begehrlichkeiten wecken. Den Prozess durch einen eigenen Begriff – „oursinade“ – zu adeln, verweist jedenfalls deutlich darauf, dass es da jemand ernst meint. Fantastisch. Da muss ich hin.
Meinen Seeigel-Himmel habe ich in Apulien gefunden: in einem weitgehend verlassenen Küstenabschnitt hinter dem Ort Savelletri haben sich in einem eher unkommoden Bereich hinter einem aufgelassenen Granitwerk gleich drei konkurrierende Gastronomen dem Thema „Seeigel“ verschrieben. Mein Favorit, die „Oasi“, ist das schäbigste der drei Strandrestaurants: kerniger Umgangston, bedenkliches Ambiente, aber die Hingabe, mit der man sich hier dem Thema Seeigel in vielen Variationen widmet, ist beispiellos und wird von der polierten Konkurrenz nebenan nicht annähernd erreicht.
Dank der engagierten Hilfestellung des Personals habe ich meinen Anfängerstatus ablegen können – ich empfinde es als Ritterschlag, dass mir dort mittlerweile zu meiner Seeigel-Bestellung kein Brot mehr serviert wird, um den Rogen aus den Seeigelschalen zu wischen. Als Illuminierter unter den Seeigel-Verzehrern leckt man die Schale einfach aus – so machen es jedenfalls die Restaurant-Besitzer, und man schaut sich von den Profis ja gerne etwas ab. Es ist ein tolles Erlebnis, man saugt den Rogen und das salzige Meerwasser ein, und das Tasten der Zunge auf dem rauen, lebhaft strukturierten Schalenboden fügt ein unvergleichliches haptisches Element hinzu. Auch ist der Geruch intensiver – logisch, hat man doch den Seeigel quasi direkt vor der Nase. Verirrt sich doch mal ein Stachel in Finger oder Zungenspitze, tut man möglichst gleichmütig und entfernt das pieksende Ding ruhig und ohne Hektik (und genießt die ungläubigen Blicke der Umsitzenden).
Die Brot-Auswisch-Variante hat wohl den Nachteil, dass sich die Sättigung zu rasch einstellt, und man so das Seeigel-Mahl beenden muss, ohne nennenswerte Stückzahlen erreicht zu haben. Außerdem wäre man dann nicht mehr in der Lage, einen confierten Polpo zu essen, der dort 20 Minuten in temperiertem Olivenöl garzieht, dann eine kurze Runde auf dem offenen Holzkohlegrill einlegt und ein unvergleichliches, fleischig-rauchiges Aroma mit einem sehr angenehmen, markanten Biss vereint. Und auf das fritto misto sollte man auch nicht verzichten.
Seitdem mir mal ein Tischnachbar in der „Oasi“ erzählt hat, dass sein Großvater grundsätzlich 23 Seeigel bestellt habe und 101 Jahre alt geworden ist, mache ich das auch immer so. Eventuell tut es ja auch jede andere Primzahl. Ein deutsches Paar am Nachbartisch orderte einmal ganze zwei Seeigel, die dann – wohl als Zeichen der Demütigung – mit zwei Plastiklöffelchen serviert wurden. Keine Chance – sie würgten und bekamen den Rogen nicht hinunter. Sie wurden dann aber vom Personal gefeiert, weil sie es immerhin versucht hatten.
Hallo lieber Valmont,
wir haben brav mitnotiert und peilen Apulien für unsere nächste Seeigelreise an. Die Erfahrung, dass die abgeranzten „Boazn“ (wie man in Bayern sagen würde) in südlichen Ländern oft das beste Essen servieren, haben wir auch schon gemacht. Da kann man selbst dem Interieur meist noch etwas positives abgewinnen (fällt meist unter „Authentizität“). Ich denke mir da immer: Wer an der Einrichtung und der Deko spart, investiert sein Geld sicher richtig – in die Kochkunst. Damit kann man natürlich auch auf die Schnauze fallen, aber auch dein Erfahrungsbericht gehört ja zu jenen Momenten, wo der Mut bekohnt wurde. In diesem Sinne: Bis bald!
Alles Gute für Dich! David & Terese