Saiblingstatar mit Beurre Blanc und Liebstöckelöl

Manche Gerichte lassen einen nicht mehr los. Bei mir ist das gerade das Tatar von der Renke von Norbert Niederkofler, das ich vor 10 Tagen dort gegessen habe. Und weil’s halt doch etwas weit (und kostspielig) ist, bei jedem Craving in die Dolomiten zu düsen, hab‘ ich mich in die Küche gestellt und auf Basis meiner Erinnerungen Kitchen Impossible gespielt. Es ging mir dabei vor allem um die wahnsinnig mundfüllende Sauce. Was ich weiß: Es ist eine Beurre Blanc mit Fischfond und Liebstöckelöl. Mein Ziel ist nicht, das Originalrezept zu entziffern oder zu kopieren, sondern zu verstehen, wie man derart dichte und komplexe Saucen kreiert. Ich nehme euch also mit auf meine Gedankenreise.

Der Sehnsuchtsgang: Tatar von der Renke. Vor allem die Sauce weckt Begehrlichkeiten.

Das da oben ist der Teller, der in mir Begehrlichkeiten geweckt hat. Am Tellerboden ein fein gewürfeltes Tatar von der Renke, ganz flach in den Teller gedrückt. Darauf kleine Holunderkapern aus den Blütenknospen, zusammen mit Blüten. Beides ist für mich in der Zubereitung nachvollziehbar, doch die ganz große Faszination liegt – wie so oft – in der Sauce. Wie kann man sie beschreiben? Wahnsinnig vollmundig, dabei leicht und doch voll geschmackstragendem Fett. Fein austariert mit etwas Säure, ganz viel Kräuter-Umami und einem Hauch Fisch.

Dem Geschmack auf der Spur

Wie gehe ich an so ein Geschmacksrätsel heran? In diesem Fall habe ich die Anforderungen im Kopf einzeln beantwortet und mit Zutaten versehen, um alles dann im Topf miteinander zu vermählen. Als Basis habe ich aus Ermangelung eine Renke einen Saibling aus Bayern verwendet. Die Idee sollte sich mit jedem Fisch aus der Familie der Salmoniden umsetzen lassen.

Basis-Geschmack: Fischfond aus den Karkassen

Ich weiß, dass dieser Gang bei Norbert Niederkofler explizit als Beispiel für Nose-to-Tail Küche serviert wird. Es ist also anzunehmen, dass die Karkasse des Fischs nicht weggeworfen, sondern ausgekocht wird. Ich kaufe also einen ganzen Fisch, den ich für das Tatar filettiere und setze einen Fond an aus dem Kopf, den Karkassen und allen Abschnitten, bis hin zu den Gräten. Dazu gebe ich 4 Zehen angedrückten Knoblauch und grob gehacktes Fenchelgrün. Knoblauch und Fenchel sind mein Ansatz, dem Fond mehr Tiefe und Würze zu verleihen. Gleichzeitig verwende ich relativ wenig Wasser, um eine sehr dichte Brühe zu erhalten. Am Ende ziele ich auf ca. 150 ml Essenz ab, die der Sauce die Basis aus Fischaromen liefert.

Zurückhaltende Säure aus Wein

Um die Säurekomponente genau dosieren zu können, koche ich 200 ml Riesling bis auf ca. 40 ml ein. Ein Alkoholgeschmack war in der Originalsauce nicht wahrzunehmen und die Säure war nicht sehr präsent, sondern vielmehr in der Balancefunktion zum Fett. Ich verwende diese Weißweinreduktion erst am Ende, um die in den Dimensionen Salz und Intensität vollendete Sauce mit der richtigen Säure zu versehen. Da ich mich herantasten will, reduziere ich den Wein nicht von Anfang an mit. Die Säure kann in Norbert Niederkoflers Gerichten immer auch von Kombucha stammen. Ich entscheide mich hier für Wein.

Umami-Faktor: Miso und Liebstöckelöl

Für die Vollmundigkeit ziehe ich – wie so oft – den Miso-Joker und setze auf einen Esslöffel helles Shiro Miso. Ich bezweifle, dass das im Original auch genutzt wurde, aber fermentierte Produkte wie Miso gehören grundsätzlich schon zum Aresanl der Küche im St. Hubertus – dann jedoch immer aus Bergzutaten wie Linsen. Also fühlt sich das grundsätzlich stimmig an. Auf Sojasauce (sonst immer gerne) verzichte ich, da sie mir in diesem fragilen Gerüst an Aromen zu präsent und auch farblich nicht passend erscheint. Miso, ein dichter Grundfond und das Öl sollen für die Mundfülle sorgen.

Die entscheidende Zutat für Optik und Geschmack ist sicher das Liebstöckelöl. Ich mixe dazu Traubenkernöl mit einer beträchtlichen Menge an Liebstöckel bis eine homogene Mischung entstanden ist. Dann seihe ich das Öl durch ein Nussmilchtuch ab, um ein klares Öl zu erhalten. Ich würze das Liebstöckelöl leicht mit etwas Salz und Zucker. Liebstöckel wird nicht umsonst als „Maggikraut“ bezeichnet. Wenn ihr dieses Öl einmal in dieser Sauce gegessen habt, spürt ihr, was damit gemeint ist. Es breitet sich im gesamten Mundraum aus und hebt das gesamte Gericht auf ein neues Level.

Saiblingstatar mit Beurre Blanc

Beurre Blanc – ohne Butter

Eine klassische Beurre Blanc wird durch Butter montiert und so sehr reichhaltig und viskos. Die Sauce zur Renke kam allerdings sehr leicht und dünnflüssig daher. Deshalb setze ich auf einen Schuss Sahne als laktische Fettbasis, denn die weißliche Farbe der Sauce legt nahe, dass irgendeine Form von Milchprodukt hier hinein geflossen ist. Es könnte aber auch Creme Fraiche oder Buttermilch sein.

Die Optik: Feine Ölperlen

Die faszinierende Optik des Gerichts ergibt sich durch die feine Verteilung der Ölperlen in der Sauce. Und das passiert nicht einfach zufällig, sondern durch einen gezielten Schritt, den ich mir beim Service im St. Hubertus abschauen konnte. Die Sauce wird in ein Saucengefäß gegeben und das Öl wird anschließend dazu gegossen. Direkt vor dem Angießen rührt man mit der Rückseite eines schmalen Löffels (oder einem anderen Stab) noch einmal kräftig durch, sodass sich die Bläschen fein verteilen. Da die Mischung aus Öl und Sauce bewusst keine Emulsion ergibt, setzt sich das Öl davon ab und sammelt sich nach einer gewissen Zeit in größeren „Flecken“. Das Zerstäuben direkt vor dem Eingießen verhindert das „Zusammenklumpen“ und erzeugt den schönen Sprenkel-Effekt, der auf dem Teller auch erhalten bleibt. Ein Learning, das ich mir zukünftig auch bei anderen Gerichten zu Nutze machen will.

Saiblingstatar mit Beurre Blanc und Liebstöckelöl

Inspiriert von Norbert Niederkoflers Signature Dish Tatar von der Renke
5 von 6 Bewertungen
Portionen 2

Zutaten
  

  • 1 ganzer Saibling bester Qualität
  • 500 ml Wasser auch mehr Wasser geht, dann enstprechend länger reduzieren
  • 4 Zehen Knoblauch
  • 100 Gramm Fenchelgrün
  • 60 ml Sahne
  • 60 ml Buttermilch
  • 1 EL helle Misopaste (Shiro Miso)
  • 200 ml Riesling trocken (oder ein anderer Wein mit Säure)
  • 400 ml Traubenkernöl das restliche Kräuteröl hält sich im Kühlschrank mehrere Wochen
  • 200 Gramm Liebstöckel
  • Salz, Zucker

Anleitungen
 

  • Für das Liebstöckelöl das Traubenkernöl auf 60 Grad erwärmen und dann mit dem Liebstöckel in einen Hochleistungsmixer geben (z.B. Vitamix oder Thermomix). Etwa zwei Minuten auf höchster Stufe mixen. Anschließend etwa 30 Minuten ruhen lassen und dann durch ein Tuch abseihen und kühl lagern.
  • Den Saibling filettieren und das Fleisch sorgfältig von Gräten befreien. Die Filets in kleine Würfel schneiden und das Tatar in einen tiefen Teller geben und flach drücken. Mit einem Hauch Salz bestreuen und einwirken lassen.
  • Aus dem Kopf, den Karkassen und den Gräten einen Fond kochen. Dazu die Fischteile mit 500ml Wasser aufgießen und Knoblauch und Fenchelgrün grob gehackt dazu geben. Mit geschlossenem Deckel etwa 30 Minuten sanft köcheln lassen.
  • Den Riesling auf etwa 40ml einkochen und beiseite stellen.
  • Den Fond nach der Kochzeit durch ein feines Sieb/Tuch abseihen und auf etwa 150ml einkochen. Die Misopaste einrühren und einmal mit dem Schneebesen unterrühren. Sahne dazu geben und nochmal etwas einkochen. Mit Salz abschmecken.
  • Die Sauce in ein Saucengefäß geben und auf 100ml Sauce etwa 40ml Öl dazu geben. Das erscheint viel, macht aber Farbe und Fazination der Sauce aus. Direkt vor dem Eingießen mit einem Löffel/Stäbchen aufschlagen, damit das Öl fein zerperlt. Noch warm über das Saiblingstatar geben und direkt servieren.
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Danny Kirner
9 Monate zuvor

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Ich habe das heute nachgekocht. In der Zutatenliste steht Buttermilch, im Text aber nicht bei der Zubereitung. Wohl vergessen. Hab es an der Stelle mit der Sahne hinzugefügt. Und was ich auch nicht ganz verstehe: Renke ist Felchen, Du hast Saibling genommen und geschrieben. Ich finde Deine Webseite toll. Bin auf der Suche nach tollen Webseiten / Rezepte und Techniken darauf gestoßen weil ich bei MasterChef mit mache. Hatte mir Deine Webseite abgesichert. Weiter so und alles Gute. Mit kollegialen und herzlichen Grüßen. Danny Kirner