Disclaimer: Dieser Artikel basiert auf einer Einladung/Pressereise von VisitWörthersee
Schon Tage vor unserer Reise zu den See.Ess.Spielen 2022 an den Wörthersee sagte es unsere Wetter-App voraus: Es wird wohl ein Wochenende ohne eine Minute Sonne. Und doch lagen in keiner Sekunde gedankliche Nebelwolken über unserem bevorstehenden Trip. Der Grund: Die Agenda unserer drei Tage – vollgepackt mit kulinarischen Begegnungen, die uns immunisieren gegen regnerische Gedanken. Die Vorfreude ist groß, die Erinnerungen an die letzten See.Ess.Spiele noch sehr präsent und das Gefühl von Vertrautheit überraschend stark, als wir am Donnerstag Abend in Velden ankommen. Und ja, es regnet. Aber schon unsere Ausgangsbasis für die kommenden drei Tage lässt erahnen: Auch wenn der See bei Sonne ein Kärtner Juwel ist – man kommt hier auch Indoor auf seine Kosten.
Wir wohnen im Schlosshotel Velden, einem der Flagschiff-Hotels der Falkensteiner Hotelgruppe, die in Österreich, Italien, Tschechien und der Slovakei für gehobenes Wohnen an besonderen Orten steht. In Velden residiert man als Gast des Schlosshotels innerhalb der historischen Gemäuers eines Schlosses, das in seiner Grundstruktur bereits im 16. Jahrhundert gebaut wurde. Seit 2011 ist der Komplex im Besitz der Falkensteiner Gruppe – seither wurde das Schloss um einen Spabereich enormen Ausmaßes und verschiedene Edel-Gastronomien erweitert. Und spätestens jetzt sollte klar sein, dass wir an diesem Wochenende das Wetter getrost vergessen dürfen: Ein wunderschönes Zimmer, ein Spa-Bereich in dem man sich verlaufen kann und Haubenküche – erreichbar durch einen Tunnel – ohne einmal in den Regen zu müssen. Es kann losgehen!
Dinner im Seespitz Velden
VisitWörthersee-Geschäftsführer Roland Sint wartet im Seespitz schon auf uns. Das Restaurant von Haubenkoch Thomas Gruber gehört zum Schlosshotel und ist – wie angedeutet – unterirdisch erreichbar. Wir steigen die Treppe aus dem Tunnel hinauf und stehen direkt im lichtdurchfluteten Restaurant mit Blick auf den See. Hier konnten wir beim letzten Besuch die Kreationen der JRE-Nachwuchsgarde verkosten – heute ist Thomas Grubers Küche an der Reihe, die seit neuestem von einem Sushi-Intermezzo aus dem Wiener Mochi ergänzt wird.
Die Karte im Seespitz ist gleichermaßen zeitgemäß und spannend. Sie greift lokale Produkte mit aktuellem Reifezenit auf und kombiniert sie zu modernen aber unprätentiösen Gerichten. Bestes Beispiel: Eine herausragende grobe Chorizo vom Molkeschwein als Hauptgang eines Menüs. Das muss man sich erstmal trauen – und es ist ein Volltreffer. Auch schön: Das Knochenmark, ganz schlicht und mit gutem Röstbrot serviert. So gerne ich den Spargel aus dem Lavanttal probiert hätte – die Karte bietet zu viel regionales, das noch vielversprechender anmutet. „Alpe Adria Küche“ ist der Überbegriff dieser kulinarischen Verortung, an dessen Feinjustierung Roland Sint gerade arbeitet. Denn zwischen Adriaküste und Kärtner Alpen existieren viele lokale Schattierungen, die einer stärkeren Differenzierung bedürfen. Kurzum: Der Wörthersee erhebt Anspruch auf mehr kulinarische Identität, als nur ein Teil der Alpe Adria Küche zu sein. Das spüren wir auch in den Folgetagen.
Kochkurs bei Huber Wallner
Zur kulinarischen Identität des Sees gehört auch die beeindruckende Dichte an gehobener Gastronomie. Flagschiff ist ohne Zweifel Hubert Wallners Gourmet-Restaurant in Dellach, das wir am nächsten Morgen besuchen. Nicht, um dort das Haubenmenü zu verkosten, sondern um Wallner in seiner Küche zu treffen. Dort haben bereits die Vorbereitungen für den Mittagsservice begonnen und zwischen Pattisier und Garde Manger finden wir unser Plätzchen für einen Kochkurs, der sieben Stunden dauern wird. Sieben Stunden vollgepackt mit gastronomischen Anekdoten, praktischen Küchentipps und Hubert Wallner, der ganz nebenbei sechs Gerichte für acht Personen in perfekter Manier auf den Tisch bringt.
Rückblickend ist es genau das, was mich an diesem Tag am meisten beeindruckt: Die Souveränität und Beiläufigkeit eines Profis, der ausschweifend erzählt, sein Team dirigiert, auf die Gäste eingeht und Fragen beantwortet und – als sei es Nebenprodukt – sechs Gänge kocht, die die einem als Hobbykoch volle Konzentration abfordern würden. Es ist kein Kochkurs zum Mitmachen (obwohl wir das jederzeit hätten tun können), sondern vielmehr einer zum Beobachten, Fragen stellen, Staunen und Genießen. Das Pensum an Gängen hätten wir auch in sieben Stunden niemals durchgebracht, wenn wir als Teilnehmer den Kochflow von Hubert Wallner gebremst hätten. So war es vielmehr ein Schauspiel, mit einer Küche als Kulisse, die spannender nicht hätte sein können. All die jungen Talente im Austausch mit Wallner zu sehen – so fokussiert und beseelt von ihren Aufgaben an den Posten: Für uns ein echtes Spektakel.
Natürlich haben wir auch kulinarisch eine Reihe an Erkenntnissen gewonnen. Die haben wir bereits für euch notiert und in einen eigenen Artikel gepackt. Hier geht’s zu unseren Learnings aus dem Kochkurs mit Hubert Wallner.
Als wir gegen 16:30 aus Wallners Restaurant stolpern regnet es immer noch. Selten war es uns so egal, denn wir fahren ohne Umschweife weiter nach Pörtschach. Dort wollen wir Ines Frank und ihre Mutter wiedersehen, die wir beim letzten Besuch am See in ihrem Hotel und Restaurant Soleo kennen gelernt haben. An diesem Abend läst das Soleo in Pörtschach zum Fisch-Tapas-Essen und wir haben überraschenderweise immer noch Platz im Bauch. Ein Glück – denn Fisch ist eines unserer Lieblingsthemen.
Der Wörthersee ist nicht mehr reich an Fisch, aber auch noch nicht überfischt. Einige wenige Fischer entnehmen dem See wohldosiert Fische, sodass sich die Bestände langsam regenerieren können. Die gesamte Gastronomie zwischen Klagenfurth und Velden mit Seefisch zu versorgen wäre illusorisch. Dennoch ist es schön, dass die Identität des Sees sich immer wieder punktuell auf den Speisekarten der Lokale am Ufer widerspiegelt. Positiv ist mir dabei schon im Vorfeld des Besuchs ein Menü in Werzers Badehaus aufgefallen, das ausschließlich aus eher unbekannten Süßwasserfischen bestand. Denn auch Fische wie Aalrutte, Schleie, Graskarpfen und Flussbarsch sind Delikatessen, wenn man sich darauf einlässt.
Das Soleo ist an diesem Abend stolz auf seine See-Verbundenheit, das spürt man am stärksten, als eine prächtige Seeforelle aus dem Wörthersee als Hauptgang serviert wird. Die geräucherte Forelle mit locker 90cm Länge wird einmal durch das gesamte Restaurant getragen und den Gästen in ihrer Gesamtheit präsentiert. Daraus spricht Stolz, Wertschätzung und gastronomische Leidenschaft. In der Mitte des Raums wird das Tier zerlegt und tranchiert. Eine Forelle für alle Gäste. Für mich ist das der Inbegriff von bewusstem Genuss. Das kleine Stück auf meinem Teller reicht dann völlig aus, denn es ist aufgeladen mit Kontext und Emotion. Das ist für uns mehr wert als eine große Portion Anonymität.
Fisch hautnah – mit Nicholas Ferentzi
Wir wollen dem Seefisch allerdings noch näher kommen, als ihn nur auf dem Teller zu sehen. Möglich machen soll es Nicholas Ferentzi, der uns am nächsten Morgen um 7:30 Uhr am Steg vor dem Hotel abholt. Es regnet, aber wir haben Regencapes und die Aussicht auf einen Tag auf dem See – da gibt es kein Zögern. Mit dem kleinen Motorboot starten wir zunächst in Richtung der Renkennetze, die Nicholas dort jeden Tag auslegt. Sie hängen vertikal ins Wasser hinein und sind in ihrer Maschengröße so gewählt, dass die Renken sich mit ihren Kiemen darin verfangen. „Der Hecht ist unser Freund,“ sagt Nicholas. „Wenn der jagt, dann flüchten die Renken panisch und sehen das Netz nicht.“
Mal sind 30 Renken im Netz, mal nur zwei – wie heute. Nicholas ist nicht davon abghängig, er kontrolliert die Netze im Auftrag des Hubertushofs. Dort gibt er die Renken auch ab, wenn er welche fängt. Es sind stattliche Fische, die auch mal 50cm lang werden können – für Renken eine beachtliche Größe. In vielen anderen Seen sind die Renkenbestände von Verbuttung bedroht.
Die Entdeckungstour auf dem See geht weiter. Immer wieder erspähen wir dunkle Flecken am Grund. Zandernester, wie uns Nicholas erklärt. Die majestätischen Edelfische aus der Familie der Barsche legen ihre Eier in großen Geflechten aus Algen und kleinen Hölzern ab, die sie selbst bauen. Auf nahezu jedem der Nester steht ein Zander, dem man in dieser Zeit so nahe kommen kann, wie sonst nie. Zander sind scheue Fische, die man normalerweise fast nie zu Gesicht bekommt. An diesem Tag können wir mit dem Boot vorsichtig direkt über die Nester fahren und die Zander tatsächlich aus wenigen Metern Abstand beobachten. Dass auf einzelnen Nestern kein Fisch steht, macht Nicholas Sorge. „Schwarzfischer machen sich manchmal die Nistzeit zu Nutze und ziehen die Zander einfach mit einem Haken aus dem Nest.“ Eine bittere Erkenntnis.
Auf dem Rückweg angeln wir noch ein wenig – Nicholas fängt einen wunderschönen Barsch und auch wir landen zwei kleine Fische. Knapp sechs Stunden können wir unseren Guide ausquetschen über das Ökosystem des Sees, die Fischerei und seine Leidenschaft. Wer Nicolas als Guide rund um den Wörthersee bis hinab nach Slowenien buchen möchte, der darf ihn gerne kontaktieren (0043677 62963705). Ein toller Begleiter für Angel-Abenteuer auf dem See oder am Fluss.
Nachmittags kriecht uns dann die feuchte Kälte doch bis unter die Klamotten. Wir huschen in die Sauna, blicken über die Promenade auf den See, hoffen dass sie Scheiben von außen verspiegelt sind und geben unseren Körpern im Expresstempo wieder die innere Wärme zurück. Zwischen den verschiedenen Saunen, Dampfbädern, Pools und einer riesigen Auswahl an Ruhebereichen lässt es sich vortrefflich zirkulieren. Man könnte einen gesamten Tag damit füllen, doch wir haben eine klare Agenda. Und die sagt: Es ist wieder Zeit für ein kulinarisches Highlight.
Wir sind verabredet im Caramé – dem wohl traditionsreichsten Haubenlokal am See. Einst setzte hier Hubert Wallner seine ersten gekochten Ausrufezeichen. Mittlerweile – gut 15 Jahre später – gehört das Caramé zu den Institutionen Veldens. Mittlerweile hat Thomas Guggenberger die Küche übernommen. Der zeigt sich zu Beginn des Abends kurz und gibt zu verstehen, dass er kein Redenschwinger ist, sondern sich in der Küche am wohlsten fühlt. Warum überhaupt Rede? Das Caramé feiert an diesem Abend sein 17jähriges Jubiläum – mit einem Menü, das dieser Zahl akkurat gerecht werden will. Ich bin ob der Zahl der Gänge hocherfreut und gleichermaßen gespannt. 17 an der Zahl sollen es sein. Aber wir haben ja Zeit – und große Lust.
Das Menü schlängelt sich durch die Geschichte des Caramé und widmet jedem der Köche pro gekochtem Jahr einen Gang. Auch ohne den exakten Kontext der Klassiker zu kennen, ist diese Reise eine große Freude für uns. Thomas Guggenberger schafft es, das logischerweise sehr heterogene Menü auf konstant hohem Niveau auf den Tisch zu bringen. Es gibt de facto keinen Ausreißer nach unten. Die Frequenz der Gänge ist hoch und ich denke an den Organisationsaufwand in der kleinen Küche des Caramé. Später wird Guggenberger gestehen. „Ich musste mehrfach das Shirt wechseln.“ Mich beeindruckt es immer sehr, wenn sich Geschwindkeit und Qualität nicht im Weg stehen, sondern auf derart professionellem Niveau den Stil eines Abends prägen. Und dieser Abend im Caramé ist gerade durch die hohe Zahl sensorischer Eindrücke so reizvoll.
Ohne die anderen Gänge in ihrer Qualität schmälern zu wollen, stechen drei Gerichte für mich heraus: Der offene Raviolo mit Buchenpilzen – in seiner durchdringenden Pilzigkeit für mich ein Traum. Die perfekt geschmorten Kalbsbäckchen mit zwei Selleriepürees zum Niederknien. Und nicht zuletzt das Morchel Dim Sum – handwerklich hervorragend und mit der Morchel, die bei mir fast immer gewinnt.
See.Ess.Spiele 2022 – mein Fazit
Naturgemäß erlauben drei Tage immer nur einen Ausschnitt dessen zu sehen, was die See.Ess.Spiele in ihrer Gesamtheit bieten. Gerade wenn ich meine Eindrücke noch um das ergänze, was ich in meinem zeitweise sehr wörtheseelastigen Instagram Feed erlebe, dann muss ich erst recht meinen Hut ziehen. Hier wird ein Programm geboten, das weit über das ohnehin schon starke Standard-Angebot des Sees hinaus geht. Die See.Ess.Spiele sind ein gut ausgewogener Mix aus klassischer Kulinarik à la Wallner und sehr lokal gedachten Angeboten, die punktuell noch deutlich regionaler werden, als das, was der überregionale „Alpe-Adria“ Begriff beschreibt.
Mal zeitlose Hochküche, mal Kärntner Tradition, mal Seespezialitäten und mal ein Spaziergang durch die Geschichte. Was wir in diesen drei Tagen geschmeckt haben, zeigt das breite Spektrum des Sees, gut kuratiert und kondensiert auf vier Erlebnisse. Und mich lässt das Gefühl nicht los, dass wir noch lange nicht alles entdeckt haben.